TEXT   Stefanie Syren

Wer liebt es nicht: Das süße Nichtstun auf der Terrasse zu genießen und sich zu fühlen wie Gott in Frankreich, obwohl man gerade erst von der Arbeit nach Hause zurückgekehrt ist. Vor allem nach einer entspannten Urlaubsreise würde jeder gerne ein bisschen Ferienstimmung in den Alltag hinüberretten. Dafür bietet der Garten den perfekten Hintergrund.


Dirk Teske
»Der Strandkorb wirkt eben am besten mit Sand und Wellengeräuschen.«

Wo könnte man besser abschalten und in Urlaubsgefühlen schwelgen als im Freien? Vorausgesetzt, das eigene Grün ist entsprechend gestaltet. Reicht es vielleicht schon, einen Strandkorb in den Garten zu stellen? So einfach ist es nicht, findet Dirk Teske, Gärtner von Eden bei Lebendige Gärten in Eberdingen: „Der Strandkorb wirkt eben am besten mit Sand und Wellengeräuschen. So, wie der Wein, den man im Urlaub sehr mochte, zu Hause manchmal gar nicht mehr so gut oder ganz anders schmeckt.“ Was an den Nordseestrand passt, wirkt viele Kilometer entfernt oft wie ein Fremdkörper.

Klima berücksichtigen

Auch wer seine Sehnsucht nach mediterranem Flair im Garten umsetzen möchte, sollte nicht nur Geschmacksfragen, sondern auch das Klima berücksichtigen. An der Côte d’Azur und in der Toskana herrschen bekanntermaßen andere Temperaturen als hierzulande. Dirk Teske möchte seine Kunden vor programmierten Enttäuschungen bewahren: „Wenn sich jemand die nicht ganz winterharte Echte Zypresse im Garten wünscht, rate ich natürlich davon ab und überlege mir, welche anderen Pflanzen mediterranes Flair in den Garten bringen. Manchmal weiche ich auf robustere Zypressenarten oder Lavendel aus.“ Auch eine optische Täuschung wäre in diesem Fall möglich: Die Weidenblättrige Birne (Pyrus salicifolia) sieht einem bekannten mediterranen Gewächs derart ähnlich, dass sie mittlerweile den Spitznamen „Olive des Nordens“ trägt. Anders als das Original bildet sie natürlich keine Oliven, trotzt aber dem Frost und muss nicht im Topf kultiviert werden.

Womöglich kommt der Traum von einem südlich inspirierten Garten ja auch langsam aus der Mode. Ralf Grothe, Gärtner von Eden aus Schwetzingen, hört den Wunsch nach Mittelmeerflair jedenfalls nur noch selten: „Vor fünf bis zehn Jahren war das mal sehr angesagt, aber ich habe festgestellt, dass es eher darum geht, wenig Arbeit mit dem Garten zu haben. Dann kommt auch am ehesten Urlaubsstimmung auf.“ Das klingt logisch. Wer sich nur selten zum Unkrautjäten bücken muss oder die Pflege zumindest teilweise einem Profi überlässt, kann auch öfter im Liegestuhl Platz nehmen.


Ralf Grothe
»In meinem eigenen Garten kann ich am besten auf meinem großen Sofa abschalten.«
Authentisch bleiben

Vielleicht geht es bei der Sehnsucht nach Urlaubsflair im Garten gar nicht darum, genau die gleichen Pflanzen wie in den Ferien zu sehen, sondern die Stimmung dieser zumeist schönsten Zeit des Jahres in eine hierzulande passende Gestaltung zu „übersetzen“. Ein guter Gartenplaner wird versuchen, keine Kopien à la Disneyland zu erschaffen, sondern möchte Originale kreieren, die mit der jeweiligen Landschaft vor Ort harmonieren. Dirk Teske erklärt das so: „Viele unserer Kunden sagen zwar, dass sie seit der Neu- oder Umgestaltung durch uns jeden Tag ein kleines Stück Urlaub zu Hause haben. Wir haben aber nicht versucht, Urlaubsimpressionen ‚nachzubauen‘. Wichtig sind zum Beispiel Rückzugsmöglichkeiten im Garten.“ Orte, an denen man sich draußen geborgen fühlt und abschalten kann, kommen dem Feriengefühl schon recht nahe. Ob die Bepflanzung, die diese Wohlfühlzonen einbettet, dann an den Urlaub erinnert oder ob es sich um eine ausgewogen komponierte Staudenrabatte handelt, ist letztendlich Geschmackssache.

Auch Ralf Grothe hält geschützte Rückzugsorte für den Schlüssel zum Wohlfühlen: „In meinem eigenen Garten kann ich am besten auf meinem großen Sofa abschalten. Das steht direkt am Haus auf dem überdachten Teil der Terrasse. Ich würde jedem so ein Dach über dem Kopf empfehlen, der sich Entspannung und Erholung wünscht.“ Davon ausgehend lässt sich das Projekt „Urlaubsflair“ natürlich noch erweitern.

Die Mischung macht es

Ob Pflanzkonzept, überdachte Sitzplätze oder Wasser im Garten: Wenn das große Ganze stimmt, entstehen Orte, an denen man sich wohlfühlt. Und: Der Garten sollte zum Stil des Hauses passen. Manchmal gibt das Gebäude selbst das Ambiente vor. Patio-Häuser mit einem zentralen Innenhof, wie sie für Andalusien typisch sind, bieten schon durch ihre Architektur Geborgenheit. Auch wenn die wenigsten Menschen in so einem Haus wohnen, lässt sich zumindest ein Teil dieses Gestaltungsprinzips auf den Garten übertragen. Dafür muss er gar nicht komplett eingefriedet werden: Schon eine halbhohe Mauer hinter der Bank vermittelt Rückendeckung und strukturiert den Garten. Und wenn sie aus Naturstein oder Klinker in warmen Tönen gehalten ist, lässt ihr Anblick vielleicht auch ein klein wenig Urlaubsstimmung aufkommen.

Bei aller Suche nach Geborgenheit lohnt es, den Blick auch mal schweifen zu lassen. Manchmal liegt der Schlüssel zum Wohlbefinden nämlich außerhalb der eigenen Grundstücksgrenzen. So wie bei Andrea Lüdemann, die den Betrieb Lebendige Gärten gemeinsam mit Dirk Teske leitet: „Mein Lieblingsort ist mein Holzdeck. Ich habe von dort einen schönen Blick auf eine Koppel und beobachte die Pferde auf der Wiese. Wenn ich Besuch von Freunden bekomme, sagen die oft: ‚Du brauchst ja gar nicht wegzufahren, so schön wie es hier ist!‘ Aber natürlich ist die gelegentliche Luft- und Ortsveränderung trotzdem ganz wichtig für mich.“

Im Idealfall kehrt man aus den Ferien nach Hause zurück und merkt, dass es im eigenen Garten doch am schönsten ist – egal, ob mit oder ohne Strandkorb.

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