TEXT   Christiane Stoltenhoff

Immergrüne Pflanzen sind nicht unbedingt diejenigen, die im Garten die meiste Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Dennoch übernehmen sie in den unterschiedlichsten Ausprägungen tragende Rollen im grünen Wohnzimmer. Ein Überblick.

Cathrin Petrik
»Für mich bilden Immergrüne so etwas wie das ganzjährige Lächeln des Gartens.«

Fragt man nach der in einem X-beliebigen Garten vorherrschenden Farbe, dürfte in 99,9 Prozent der Fälle die Antwort „Grün“ lauten. Quasi jeder hat den Garten im frühsommerlichen Idealzustand vor seinem geistigen Auge mit frischem, saftigem Laub an Stauden, Sträuchern und Bäumen in allen erdenklichen Nuancen und Formen. Und im Winter? Da tendiert das Farbspektrum vieler Gärten eher Richtung erdiges Braun. Doch das muss und sollte nicht so sein, betont Cathrin Petrik, Gartengestalterin aus dem sächsischen Oberwiera. Sie setzt eigentlich bei jeder ihrer Planungen auf einen Anteil so genannter Immergrüner, also solcher Pflanzen, die das ganze Jahr über grün sind. „Für mich bilden Immergrüne so etwas wie das ganzjährige Lächeln eines Gartens“, erklärt sie die Bedeutung dieser Pflanzen für ihre Planungen: „Sie sorgen für ständige Freundlichkeit und dafür, dass ein Garten immer einladend aussieht.“

Ähnlich sieht das auch Katharina Bergmann, die bei Fuchs baut Gärten im bayerischen Lenggries als Bauleiterin arbeitet. Die Landschaftsbauingenieurin meint: „Natürlich käme ein Garten auch ohne Immergrüne aus, aber sie sind es, die ihm Lebendigkeit und Struktur verleihen, gerade dann, wenn alle anderen Pflanzen in der Winterpause sind.“ Will man die Bedeutung von Immergrünen für die Gestaltung eines Gartens ermessen, lohnt es sich dann auch, mit einem Blick in die winterlich kahlen Beete zu beginnen. Wenn Stauden schon zurückgeschnitten und die sommergrünen Gräser trocken sind, das letzte Blatt von den Laubbäumen gefallen und im ganzen Garten keine einzige bunte Blüte mehr zu finden ist, schlägt die große Stunde der Immergrünen. Wenn sie bei der Anlage des Gartens durchdacht platziert wurden, sorgen sie jetzt dafür, dass er auch weiterhin Struktur und dem Auge etwas zu bieten hat. „Wir wollen mit unseren Planungen erreichen, dass man seinen Garten das ganze Jahr über gern betrachtet, und dafür spielen Immergrüne eine wichtige Rolle. Sie vermitteln auch bei Eis und Schnee den Eindruck, dass der Garten weiterhin lebendig ist“, erklärt Katharina Bergmann.

Spiel mit Form und Farbe: Dieser Garten setzt ganz auf runde Elemente und Immergrüne
Im Hintergrund eine immergrüne Hecke, davor pflanzliche Vielfalt: die perfekte Einbettung für den Sitzquader
Verlässliche Ensemblemitglieder

Doch die ganzjahresgrünen Pflanzen sind bei weitem nicht einfach nur Lückenfüller für die Saure-Gurken-Zeit im Beet. Denn auch im Frühjahr und Sommer braucht ein Garten Struktur, und die ist beileibe nicht die einzige Funktion, die Immergrüne mit Bravour übernehmen. Allenfalls ihre Rolle im Ensemble der Pflanzen ändert sich mit dem Wandel der Jahreszeiten. Wenn der frische Blattaustrieb sprießt und es allenthalben wieder blüht, werden aus den winterlichen Solokünstlern so etwas wie die stillen Stars des Gartens: Jetzt treten sie mehr in den Hintergrund, übernehmen fast unbemerkt und ganz selbstverständlich andere Funktionen und tragen maßgeblich zu einem ästhetisch stimmigen Gesamtbild bei.

Und diese Funktionen können überaus vielfältig sein. Immergrüne machen in einem modernen, designorientierten Garten ebenso eine gute Figur, wie sie in einem naturnahen Garten zum Gelingen des Gesamteindrucks beitragen. Nur sind es eben nicht immer die gleichen Arten, die hier wie dort zum Einsatz kommen. Da zeigt sich einfach: DIE Immergrünen gibt es nicht.

Immergrüne

Das Wort immergrüne ist ein Sammelbegriff, dahinter steht ein enorm breites Spektrum an Pflanzen. Zu der Gruppe zählen Nadel- ebenso Laubgehölze, Gräser und Kleinsträucher. Manch ein immergrüner Nadelbaum wird gut und gerne 30 Meter hoch, wenn man ihn lässt, andere Immergrüne treiben ihre Triebe ganz knapp über dem Boden voran. Die eine Art hat einen charaktervollen Wuchs, der sie zum geborenen Solisten im Garten macht, die andere wirkt vor allem in der Gruppe gut, bildet die perfekte Kulisse, vor der anderen Pflanzen dann besonders glänzen können. Dieses breite Spektrum an Pflanzen ist auch der Grund, warum Immergrüne ganz generell so wunderbar vielfältig einsetzbar ist - und zwar stilsicher wie funktional.

Immergrüne

Das Wort immergrüne ist ein Sammelbegriff, dahinter steht ein enorm breites Spektrum an Pflanzen. Zu der Gruppe zählen Nadel- ebenso Laubgehölze, Gräser und Kleinsträucher. Manch ein immergrüner Nadelbaum wird gut und gerne 30 Meter hoch, wenn man ihn lässt, andere Immergrüne treiben ihre Triebe ganz knapp über dem Boden voran. Die eine Art hat einen charaktervollen Wuchs, der sie zum geborenen Solisten im Garten macht, die andere wirkt vor allem in der Gruppe gut, bildet die perfekte Kulisse, vor der anderen Pflanzen dann besonders glänzen können. Dieses breite Spektrum an Pflanzen ist auch der Grund, warum Immergrüne ganz generell so wunderbar vielfältig einsetzbar ist - und zwar stilsicher wie funktional.
Auch als Raumteiler lässt sich eine Wand aus Eibe gut im Garten einsetzen.
Vielfältige Aufgaben

„Besonders häufig kommen Immergrüne als Heckenpflanzen zum Einsatz“, erklärt Katharina Bergmann. „Sie haben einfach den Vorteil, dass sie das ganze Jahr über Sichtschutz gewähren.“ Das tut ein blickdichter Zaun zwar auch, doch weist die Landschaftsbauingenieurin auf weitere attraktive Eigenschaften eines pflanzlichen Sichtschutzes hin: „Hecken wirken lebendig, da ist immer etwas in Bewegung. Und auch wenn sie immergrün sind, verändern sie sich doch über das Jahr, so dass hier niemals Langeweile aufkommt. Außerdem sind sie natürlich auch ein wichtiger Lebensraum für Tiere.“

Bei einer immergrünen Hecke schwebt den beiden Expertinnen aber keinesfalls nur die klassische Kirschlorbeerreihe vor: zu kompliziert im Schnitt, zu anfällig für Spätfröste und auch ästhetisch nicht eben überzeugend. „Am liebsten setzen wir Eiben als Heckenpflanzen ein“, sind sich Cathrin Petrik und Katharina Bergmann einig, weisen aber unisono auch darauf hin, dass Eiben eher langsam wachsen und Exemplare, aus denen sich vom Start weg eine Hecke formen lässt, entsprechend teuer sind. Da ist für Petrik dann manches Mal aus Budgetgründen die schneller wachsende Thuja eine Alternative: „Man muss einfach Kosten und Zweck zueinander in Beziehung setzen“, ist sie ganz pragmatisch.

Mehr als grün

Ein weiteres breites Kapitel im Buch der Immergrünen nehmen Gräser ein. Wie immergrüne Gehölze setzt Cathrin Petrik sie in den von ihr gestalteten Gärten gern als Achsen ein, um entweder andere Pflanzungen bewusst zu unterbrechen oder um Unschönes dahinter verschwinden zu lassen. Als Solitär eignet sich Chinaschilf bestens, doch gibt hier Katharina Bergmann zu bedenken: „Es wird oft vergessen, dass solche Gräser unter Schneelast einknicken, und damit ist die Wirkung hinüber.“ Einige Immergrüne bringen weitaus mehr als ruhiges Grün mit in den Garten – attraktive Blüten zum Beispiel. So setzt Katharina Bergmann gern die Vinca minor ein. Der niedrig wachsende Halbstrauch mit seinen frisch grünen Blättern ist für sie ein idealer Bodendecker, die vielen leuchtend lila oder weißen Blüten im Frühjahr bringen außerdem eine schöne Abwechslung ins Gartenbild. In schattigen und halbschattigen Lagen sind auch die immergrünen Arten der Elfenblume eine gute Wahl. Ihre aparten Blüten in Weiß, Gelb, Rosa oder Violett sind ein echter Hingucker, und auch der frische Laubaustrieb des Frühjahrs setzt farbliche Akzente: Die jungen Blätter sind meist rötlich bis bronzefarben – sehr farbenfroher Vertreter der Immergrünen.

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