TEXT   Andreas Tenhafen

Im Mittelmeerraum gehört die knochige Pflanze mit dem zerfurchten Stamm und der dichten, silbrigen Krone seit Jahrtausenden zum Landschaftsbild: Der Olivenbaum ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Welt und heute popu­lärer denn je. Kein Wunder: Seine Früchte liefern ein Öl von höchster Qualität mit Verwendungsmöglichkeiten von der Gourmetküche bis zur Naturkosmetik.

In den mediterranen Ländern weiß man es schon lange: Olivenöl ist etwas Besonderes. Sage und schreibe 20 Liter pro Kopf und Jahr verbrauchen etwa die Griechen, zwölf Liter die Italiener, zehn die Spanier. In Deutschland ist es zwar nur knapp ein Liter, dennoch ist die Königin der Öle auch aus den meisten deutschen Küchen nicht mehr wegzudenken.

Olivenöl – das klingt nach Sonne und Urlaub, nach medi­terraner und gesunder Lebensweise. Geschätzt wird es vor allem wegen seines fruchtigen Geschmacks und weil es wegen des hohen Anteils ungesättigter Fettsäuren als sehr gesund gilt. Nicht zuletzt deshalb, so heißt es, ­werden die Bewohner der Insel Kreta besonders alt. Weit über 20 ­Liter Olivenöl konsumieren sie pro Kopf und Jahr.

Reifegrad bestimmt den Geschmack

Antike Darstellungen lassen vermuten, dass Olivenöl bei den Kretern bereits vor mehr als 6.000 Jahren auf dem Speiseplan stand. Noch ältere Spuren wurden in Israel gefunden. Die dort entdeckten Handmühlen sollen vor über 9.000 Jahren zur Olivenölgewinnung gedient haben. In ihnen wurden die Oliven noch mühsam mit Hilfe von Steinen zerkleinert und ausgepresst. 

Heute sind die Produktionsmethoden natürlich weitaus moderner, kommen Hydraulikpressen und Zentrifugen zum Einsatz. Für den Geschmack und die Qualität eines Olivenöls ist jedoch besonders der Reifegrad der geernteten Oliven entscheidend. Wenn die Farbe der Oliven von Grün in ein Violett übergeht, ist der ideale Erntezeitpunkt. Das ist je nach Boden und Klima meist zwischen Oktober und Februar der Fall. Im grünen Zustand geerntete Oliven sind etwas intensiver und bitterer im Geschmack, vollreife und leicht überreife Früchte sorgen für ein süßliches Öl mit geringer oder keiner Bitternote. 

Die Gewinnung des Öls erfolgt immer nach dem gleichen Prinzip, lediglich bei den Pressmethoden gibt es Unterschiede: Die gesammelten Oliven werden von Blättern und Zweigen befreit, gewaschen und mit Kernen zwischen Mahlsteinen zu einem Brei zermahlen. Dieser wird entweder auf runde Matten aufgetragen, die zu einem Turm gestapelt und dann gepresst werden oder es kommen hydraulische Pressen zum Einsatz. Das ausgepresste Öl enthält dann noch einen großen Anteil Fruchtwasser, der nach einer Ruhephase abgeschöpft wird. Das Ergebnis ist reines Olivenöl.

Strenge Qualitätsvorschriften

Dessen Qualität ist allerdings nicht leicht zu erkennen. Die EU hat deshalb Qualitätskriterien eingeführt, die festlegen, mit welchen Gütebezeichnungen die Öle in Deutschland und den anderen EU-Mitgliedsstaaten verkauft werden dürfen. Entscheidend für die Klassifizierung sind Geschmack, Herstellungsverfahren und Ölsäuregehalt.

Für die Verwendung als Lebensmittel eignen sich die so genannten nativen Olivenöle. Nativ bedeutet, dass sie weitgehend unbehandelt sind und durch schonendes Pressen hergestellt werden. Native Olivenöle sind immer kaltgepresst, werden also bei einer Temperatur von unter 27 Grad Celsius gewonnen. In der Küche spielen vor allem zwei Güteklassen eine wichtige Rolle: „natives Olivenöl extra“ und „natives Olivenöl“. Diese beiden Kategorien zeichnen sich durch den charakteristischen Olivengeschmack aus, oft tragen sie auch Nuancen, die an Artischocken, Äpfel, Kräuter, Beeren oder Nüsse erinnern.

Schwarze Oliven sind voll ausgereifte grüne Oliven

Auch im Christentum hat Olivenöl eine vielfältige Bedeutung. So wurden etwa die Kirchen lange mit Öllampen beleuchtet, bis diese von den Kerzen verdrängt wurden. Zu Taufe und Firmung, sowie zur Salbung von Priestern und Bischöfen wird noch heute Chrisam verwendet, ein mit Balsam parfümiertes Olivenöl.

Die hautfreundliche Wirkung von Olivenöl war hierzulande lange in Vergessenheit geraten. Doch im Zuge der boomenden Naturkosmetik wurde auch das Öl der kleinen Früchte sozusagen wiederentdeckt. Seine Fettsäuren schützen die Haut vor dem Austrocknen und so ist Olivenöl heute zentraler Bestandteil vieler Cremes, Lotionen, Duschgels und Badezusätze. Vom Baum, auf den Teller und auf unsere Haut. Oliven sind natürliche Allroundtalente mit Lifestyle-Faktor.

Ideal zur Körperpflege

Den Geschmack wussten natürlich auch die alten Griechen und Römer zu schätzen. Doch für sie war Olivenöl längst nicht nur Nahrungsmittel. Sie bezeichneten es als „heiliges Öl“ und verwendeten es bei der Ausübung religiöser Riten, bei der Körperpflege oder als Lampenöl. Man wusch damit die Wunden der Krieger und salbte die Häupter der Helden. Cleopatra benutzte es als Schönheitsmittel, die Römer ölten sich nach dem Badbesuch zur Reinigung mit Olivenöl ein, Kranke und Sterbende wurden mit geweihtem Olivenöl gesalbt.

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