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Gin-spiration

Nichts scheint seit einiger Zeit so inspirierend und
spannend wie die Welt des Gins. Einst als Lieblingsgetränk von Queen Mum bekannt, hat sich das Wacholderdestillat zu einem der facettenreichsten Trendgetränke der letzten Jahre nobilitiert – dessen Vielfalt durch das mutige Experimentieren mit aromatischen Botanicals grenzenlos scheint.

Kreative Gin-Variationen sind in aller Munde, nicht nur bei Gin-Liebhabern. So fällt auch die Bestellung eines Gin Tonics heutzutage zunehmend komplexer aus – nicht selten bieten Bars eine zwei- oder gar dreistellige Auswahl von Gins aus aller Welt an. Laut EU-Definition besteht Gin übrigens nur aus zwei Zutaten: einem Neutralalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs und den Beeren des Wacholders. Tatsächlich enthält er aber eine Vielzahl verschiedener Ingredienzen, die jedem Gin seine ganz eigene Geschmacksnote verleihen. Denn ihm werden während des Destillationsprozesses Kräuter und Blätter, Samen und Hülsen, Wurzeln und Rinden oder Früchte beigegeben. Und was wäre Gin nur ohne diese Botanicals? Geschmacklich kann er dadurch in eine würzige oder florale Richtung tendieren, genauso aber auch fruchtig oder exotisch anmuten. Aromatisch wird er in fünf Gruppen unterteilt, in wacholderbetonte, zitrische, würzige, florale oder crispe Gins.

 

Inspiration aus der Natur

Die Spirituose, die vor allem als britische Getränke-Ikone bekannt ist, geht zurück auf ein Wacholderdestillat, das man im 17. Jahrhundert in den Niederlanden zu medizinischen Zwecken verwendete, bekannt unter dem Namen Genever. Brennmeister in England tauften diesen kurzerhand zum Gin um und veredelten ihn mit zahlreichen Zutaten wie Kardamom, Mandeln, Fruchtschalen, Angelikawurzel, Süßholz oder Pfeffer – den sogenannten Botanicals. Der Auswahl scheinen keine Grenzen gesetzt. Lange Zeit war dennoch die Wacholdernote die prägende Geschmacksdominante. Nun kommen aber zunehmend Gins auf den Markt, die innovationsfreudig und mutig von der klassischen Note abweichen. Rosen, Gurken oder Ananas und sogar Weihrauch, Kaffee oder Trüffel im Gin? Kein Problem, die Aromenpalette lässt sich unzählig erweitern. Die Legenden um den Gin, die die Kraft der Natur heraufbeschwören, werden dabei noch heute aufgegriffen. Schließlich schlägt sich die Geschichte des Gins nicht zuletzt auch im Flaschendesign nieder – sehr schlicht gehalten, erinnern heutige Designs an Medizin-oder Apothekerflaschen oder an Fläschchen mit Wunderheilmitteln. Zumindest anzitiert wird damit der Glaube an die medizinische Wirkung des Gins – als Heilmittel gegen Magenbeschwerden und Nierenerkrankungen oder als Schutzgetränk gegen Malaria, als das der Gin Tonic in den düsteren Kolonialzeiten Englands fest etabliert war.

 

Aromatisch wird er in fünf Gruppen unterteilt, in wachholderbetonte, zitrische, würzige, florale oder crispe Gins.

The new Botanicals

Eine neue Generation von kreativen und findigen Craft-Destillateuren ist in den letzten Jahren in Erscheinung getreten, die höchst individuelle und vor allem regionaltypische Gin-Rezepturen entwickeln, mit erlesenen lokalen Zutaten. Seien es handgepflückte Tannenspitzen aus Zürich, die Blütenpracht eines österreichischen Holunderbaums, exklusive Botanicals aus dem Schwarzwald oder weiße Trüffel aus Alba. Neben dem Wunsch nach hochwertigen und exklusiven Gin-Editionen rücken auch die Themen Authentizität und Nachhaltigkeit immer mehr in den Mittelpunkt. Die vorwiegend kleineren Destillerien schließen Kooperationen mit regionalen Händlern, setzen vermehrt auf Biozutaten sowie nachhaltigen Anbau, und in dieser Konsequenz auch nicht allein auf permanent verfügbare, sondern saisonale und limitierte Editionen. So findet etwa ein Frühlings-Gin seinen Weg auf den Markt, mit Spargel, Wacholder, Zitronen und Estragon oder ein Glüh-Gin mit winterlichem Granatapfel, Orangenschalen, Zimt und Vanilleschote sowie Sternanis.

 

Innovation trifft Tradition

Mutig und extravagant sind die neuen Gins auf jeden Fall. Eine neue Variante überrascht vor allem visuell: Durch die Zugabe von Tonic wechselt der Gin seine Farbe. Eher durch einen Zufall haben Hersteller aus Neuseeland ein Chamäleon unter den Gins geschaffen: Sie haben einen schwarzen Gin entwickelt, der, wie sich später herausstellte, farblich zu Rot-oder Purpurschattierungen wechseln kann. Seine schwarze Farbe erhält er allein durch eine Mischung aus pflanzlichen Extrakten: Aroniabeeren für Rottöne, Ananasextrakt für eine gelbe Farbe, Safran für Orangetöne, Schmetterlingsblüten für eine blaue und einheimische Süßkartoffel für eine violette Farbe. Abgerundet wird er durch neuseeländisches Gletscherwasser.