TEXT   Christiane Stoltenhoff

Einfach draufhalten und abdrücken, weil das Motiv ja immer stillhält? Wer meint, Gärten zu fotografieren sei ganz einfach, irrt. GartenArt sprach mit dem international gefragten Gartenfotografen Miquel Tres über Faszination und Herausforderungen seines Berufs.


Miquel Tres

Der spanische Gartenfotograf gehört zu den Vielbeschäftaigten seiner Zunft. Neben den Gärtnern von Eden, die seine Dienste regelmäßig in Anspruch nehmen, um ihre Planungen in Szene zu setzen, fotografiert er unter anderem auch für zahlreiche spanische und internationale Garten-, Architektur- und Wohnmagazine. Rund 15 Bildbände über Gärten, Architektur, aber auch Motorräder stehen ebenfalls auf der Veröffentlichungsliste des 52-Jährigen.

GartenArt (GA): Wie sind Sie zur Gartenfotografie gekommen?

Miquel Tres (M.T.): Seit jeher waren die Natur­räume und die Architektur zwei meiner Leidenschaften. Im Jahr 2000 erhielt ich von der Stadt Barcelona den Auftrag, die Gärten der Stadt für ein Buch zu fotografieren. Zusammen mit dem Buchautor, einem Dozenten für Landschaftsbau an der Universität von Barcelona, besuchte ich alle Gärten im Detail und ich begann, mich für dieses Thema zu begeistern. Kurz darauf war ich an der Entstehung einer Zeitschrift beteiligt, die dem Design ­moderner Gärten gewidmet ist und für die ich heute noch als Fotograf arbeite. Seitdem habe ich viele Gärten in Europa für verschiedene Verlage, Zeitschriften und Endkunden fotografiert.

GA: Wie sehen die idealen Bedingungen für ein gelungenes Gartenshooting aus?

M.T.: Das hängt vom Gartentyp ab: Bei sehr modernen Gärten ziehe ich intensives Licht vor, um den architektonischen Charakter auszudrücken. Mediterrane Gärten müssen meiner Ansicht nach das reine Licht und die klare Atmosphäre dieser Gegend aufweisen. Bei mitteleuropäischen Gärten herrschen die verschiedenen Grüntöne vor, dafür ziehe ich ein Licht mit wenig Kontrasten vor, damit man die verschiedenen Farbtönungen hervorheben kann. Generell mag ich es, die Atmosphäre der jeweiligen Region zu erfassen. Bei Gärten, die nachmittags fotografiert werden müssen – es gibt „Morgengärten“ und „Nachmittagsgärten“ –, ist das Timing wichtig, denn sobald der richtige Moment vorbei ist, kann man das Foto bis zum nächsten Tag nicht wiederholen.

GA: Was sind die besonderen Herausforde­rungen?

M.T.: Grundlegend ist es, die Idee des Landschaftsplaners zu verstehen und sie in einer ­begrenzten Anzahl von Fotos ausdrücken zu können. Ein Garten ist viel mehr als die Summe von Rasen, Bäumen und einigen Möbeln. Das Schwierige dabei ist, die geeigneten Sichtweisen zum richtigen Zeitpunkt, verbunden mit einem guten Zustand der Pflanzen und dem notwendigen Pflegeaufwand seitens der Gärtner, zu erzielen. Was die technischen Mittel angeht, ist Gartenfotografie weniger anspruchsvoll. Es geht um große statische Subjekte mit ausreichender Beleuchtung.

GA: Im internationalen Vergleich: Wo gefallen Ihnen persönlich die Gärten am besten? Gibt es aus Ihrer Erfahrung ein unterschätztes Gartenland?

M.T.: Einen schönen Garten kann es in jedem Land geben, wo es einen guten Landschaftsplaner und einen Eigentümer gibt, der sich in das Projekt und in die spätere Pflege einbringt. Ich persönlich habe fantastische Gärten in Frankreich, Italien, Deutschland, der Schweiz, Österreich, Spanien, Portugal und England foto­grafiert. Seltsamerweise meine ich, dass die Menschen in Ländern wie England, Deutschland oder Holland mit ihrem „komplizierten“ Klima sich viel mehr dem Gartenthema widmen als in Spanien, wo es aufgrund der guten Wetterverhältnisse normal wäre, den Garten das ganze Jahr über zu genießen.

GA: Wie viel Gärtner steckt in einem Gartenfotografen?

M.T.: Jedes Mal ein bisschen mehr. Ich ­genieße die Spaziergänge mit den Gärtnern und Landschaftsplanern durch ihre Gärten. Das ist ­jeweils eine richtige Masterclass der Gärtnerei für mich. Einige Gestalter erhalten im Gegenzug eine Masterclass in Fotografie. Auf jeden Fall sind die wissenschaftlichen Pflanzen­namen für mich noch ein offenes Studienfach. Aber das Interesse an Landschaft, Pflanzen und ­insbesondere Bäumen habe ich seit meiner Kindheit.

GA: Wie sieht Ihr eigener Garten aus?

M.T.: Ich habe eine Dachterrasse mit großen Pflanzenkübeln mit mehreren Zitronenbäumen, Bougainvilleas, einem Lorbeerbaum und einer Pinie – ganz mediterran und inspiriert durch eine Reise durch Sizilien. Als Projekt ist da noch die Renovierung des Gartens in unserem Ferienhaus im Sauerland, aber dies ist bisher nur ein Projekt. Auf jeden Fall kompensieren die Stunden, die ich in den zu fotografierenden Gärten verbringe, das Nichtvorhandensein ­eines eigenen Gartens.

GA: Welche Gärten stehen noch auf Ihrer Wunschliste?

M.T.: Zweifellos eine fotografische Reise zu den Gärten in Japan. Sollte sich die Möglichkeit ergeben, würde ich keinen Moment zögern.

Basislektion Gartenfotografie von Miquel Tres

  • Stellen Sie zuerst fest, wo die Sonne ist, wo die Schatten liegen und wohin sie wandern.
  • Lassen Sie die Kamera stehen und betrachten Sie den Garten.
  • Gehen Sie über die Wege, suchen Sie die Winkel, suchen Sie die ­Formen, Texturen, riechen Sie die Blumen, bewundern Sie die ­Bäume, denken Sie über die Strukturen nach.
  • Setzen Sie sich und beobachten Sie die gesamte Anlage, genießen Sie diesen Moment. Merken Sie sich die besten Sichtweisen.  
  • Jetzt dürfen Sie die Kamera nehmen und mit dem Fotografieren beginnen.

Wenn es möglich ist, fotografieren Sie den Garten in den verschiedenen Jahreszeiten – es lohnt sich. Auch wenn Sie nicht die besten Fotos erzielen, zumindest üben Sie sich in Geduld und erzielen ein Wohlgefühl für die Seele.

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