TEXT   Christiane Stoltenhoff

Es muss nicht immer die Reise ins Wellnesshotel oder der Besuch im Spa sein, wenn man auf der Suche nach Erholung für Körper und Geist ist. Der eigene Garten hat das Zeug zur Wellnessoase –
und das ganz privat und individuell.

Eigentlich sollte es an dieser Stelle darum gehen, welche Elemente sich in einen Garten einbauen lassen, um ihn zu einer Wellnessoase werden zu lassen. So weit die Idee der Redaktion. Also flugs zwei Experten für Wellnessgärten kontaktiert und nach Trends, Ideen und Entwicklungen gefragt. Doch schon nach wenigen Gesprächsminuten bekam das Thema eine vollkommen andere Richtung. „Eigentlich ist jeder Garten ein Wellnessgarten“, bringt es Michael Daldrup, Gartengestalter aus Havixbeck im Münsterland, auf den Punkt. „Zumindest dann, wenn wir es schaffen, ihn genau auf die Bedürfnisse seiner Besitzer zuzuschneiden.“ Für ihn steht fest, dass ein Garten an sich und ohne jede Sonderausstattung der perfekte Ort ist, um sich zu entspannen und Kraft zu tanken.

Das hölzerne Poolhaus lässt den Blick frei auf den Garten, bietet aber auch eine Rückzugsmöglichkeit und Schutz
Zu sich finden

In eine ähnliche Richtung gehen auch die Gedanken von Christian Bahl aus Kiebitzreihe bei Hamburg, ebenfalls Gartengestalter und wie Daldrup langjähriges Mitglied der Gärtner von Eden: „Bevor man über die Planung zusätzlicher Elemente nachdenkt, sollte man erst einmal den Zustand erreichen, dass man sich in seinem eigenen Garten wohl fühlt.“ Doch das ist leichter gesagt als getan, wie die beiden Gestalter immer wieder erlebt haben. „Viele Menschen sind gar nicht in der Lage, ihre Bedürfnisse auf den Punkt zu bringen und damit die Weichen für eine zu ­ihnen passende Gartengestaltung zu stellen“, hat Michael Daldrup beobachtet. „Da sind wir dann mit unserer Erfahrung und mit intensiven Gesprächen gefragt, um diesen Bedürfnissen auf die Spur zu kommen.“ Der Gartengestalter also als Wellnessberater? „Im Prinzip schon“, nickt Christian Bahl. „Schließlich wird der Garten für immer mehr Menschen immer wichtiger.“

Da jeder Mensch eine ganz subjektive Vorstellung davon hat, was bei ihm zum Wohlbefinden beiträgt, gibt es wohl auch keine pauschale Antwort darauf, was einen Garten zum Wohlfühlgarten macht. Und doch ist da ein Grundraster, das beide Experten als extrem wichtig ansehen: „Ich bin fest davon überzeugt, dass es zum Wohlbefinden beiträgt, wenn sich die fünf Elemente in einem Garten wieder­finden“, gibt Christian Bahl zu Protokoll. „Ob man sich nun auf Feng-Shui beruft oder nicht: Mit einer Balance zwischen Erde, Metall, Wasser, Holz und Feuer schafft man Harmonie.“

Michael Daldrup sieht einen Garten als Anker, der einen im wahrsten Sinne des ­Wortes zurück auf den Boden holt. „Man ist heute phy­si­sch und gedanklich so viel unterwegs. Dazu ist ein Garten wirklich der maximale Kontrast, und den halte ich für extrem wichtig.“ In einer Zeit, in der Zeit das kostbarste aller Güter ist, kann der eigene Garten nach Überzeugung von Michael Daldrup gar nicht hoch genug be­wertet werden, wenn es um das eigene Wohlbefinden geht.


Christian Bahl
»Mit einer ­Balance zwischen Erde, Metall, ­Wasser, Holz und Feuer schafft man Harmonie.«
Einfach nur sitzen

Und wenn es nun doch um zusätzliche Ausstat­tungsmerkmale für den Wellnessgarten geht? Dann kommen beide Experten sofort auf das Gleiche zu sprechen: die Sauna. „Damit wird der Garten definitiv zum Ganzjahres­erlebnis“, bringt es Christian Bahl auf den Punkt und sagt: „Wer eine Sauna im Garten hat, nimmt seinen Garten wieder ganz anders wahr.“ Für Michael Daldrup ist eine Gartensauna die Möglichkeit, den eigenen Garten mit ­allen ­Sinnen zu erfassen: „Nach dem ­Saunagang einfach hinauszugehen, diesen Wechsel zwischen Kalt und Warm und auch den Wind auf der Haut zu spüren, finde ich wunderbar. Es gibt für mich nichts Entspannenderes, als nach dem Saunagang im Liege­stuhl dem Garten zuzuhören.“ Und natürlich keine Sauna ohne kühles Nass. Wer im Garten sauniert, will sich dort auch gleich abkühlen: „Toll ist natürlich, wenn man nur einen Schritt aus der Sauna herauszugehen braucht und sich dann gleich in den Pool oder den Schwimmteich stürzen kann“, schwärmt Christian Bahl. Aber auch bei weniger Platz und Budget gibt es ­attraktive Möglich­keiten der Abkühlung: ein kleines Tauchbecken etwa oder auch eine leistungsstarke Garten­dusche. Sowohl für Michael Daldrup als auch für Christian Bahl zählen ­definitiv auch leibliche Genüsse zum Wohlfühlkonzept für den Garten: den Grillplatz, die Außenküche oder auch die Bar neben dem Sauna­haus rechnen ­beide zu den Wellnessfeatures.

Naturnah schwitzen
Diese Saunahütte kommt ganz ohne Schnickschnack aus und bis zur Abkühlung ist es auch nur ein Schritt über den Steg
Private Sportstätte

Wer aktive Erholung schätzt, nutzt den Schwimmteich oder Pool nicht nur fürs Abkühlen nach dem Saunagang, sondern auch für regelmäßiges Schwimmtraining. Eine Gegenstromanlage könnte hier für zusätzliche Herausforderungen sorgen. Auch für alle Formen der Meditation ist der Garten aus Sicht der beiden Gestalter der ideale Ort: „Eine Rasen- oder Holzfläche mit Sichtschutz reicht völlig für Yoga, Thai-Chi oder Qigong“, erklärt Christian Bahl. Auch Kneippbecken hat er für Kunden schon gebaut. Wer es lieber warm und sprudelig mag, kann sich selbstverständlich auch einen Whirlpool in den Garten bauen lassen. Hier empfiehlt Christian Bahl allerdings eine sorgfältige Planung, „damit der Whirlpool gut integriert ist, sonst nimmt er sich schnell wie ein Fremdkörper im Garten aus und stört die Harmonie“. Womit er wieder zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen in Sachen Wellnessgarten zurückkommt: Gartenbesitzer sollten harmonie­bedürftig sein – dann klappt’s auch mit dem privaten Wellnessprogramm.


Michael Daldrup
»Eigentlich ist jeder Garten ein Wellnessgarten.«

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