1

Kleiner Garten, große Wirkung

Vorher

„Lohnt sich professionelle Gartenplanung für einen kleinen Garten überhaupt“, ist eine oft gestellte Frage. Und die Antwort kann nur lauten: Unbedingt! Wer noch zweifelt, sollte sich diesen Garten einmal näher anschauen.

Ein Blick genügt nicht mehr

Zum Wesen kleiner Gärten gehört, dass sie im wahrsten Sinn des Wortes übersichtlich sind: Ein Blick genügt, und man hat den ganzen Garten gesehen. Vor der Umgestaltung hieß das: Lieber keinen zweiten Blick riskieren, denn die dominierende Dachfläche des Hauses gegenüber, das Sammelsurium an Fertigzaunelementen, die Bretterwand des nachbarlichen Gartenhauses, der verfilzte Rasen, die paar kargen Pflanzen: All das lohnte kein weiteres Hinschauen.

 

Ganz anders in dem neu gestalteten Garten: Hier kann das Auge, auch wenn man immer noch mit einem Blick bis ans Ende des Gartens sehen kann, auf Entdeckungsreise gehen, über Blüten und Blätter schweifen, an Steinen hängenbleiben, Sichtachsen entlanggleiten, Perspektiven genießen, Texturen ergründen, Details aufspüren.

 

 

Vom Sehen und Nichtsehen

Gerade in kleinen Gärten immer ein Riesenthema: Sichtschutz, und der leistet oft mehr als das pragmatische Aussperren von Blicken. Vielmehr kann er charakterbildend für den ganzen Garten sein. An die Stelle einer Ansammlung unterschiedlicher Fertigzaunelemente trat ein maßgeschneiderter Sichtschutz aus hochwertigem Bankirai. Der horizontale Verlauf der Bretter sorgt dafür, dass sich das Grundstück optisch streckt. Der Wechsel mit Heckenelementen aus Eibe lockert den Sichtschutz auf. Außerdem zeigt sich hier, dass Sichtschutz nicht auch dazu dient, gewisse Dinge nicht (mehr) sehen zu müssen. Ganz nonchalant ist nun das Gartenhaus des Nachbarn von der Bildfläche verschwunden.

Weniger schafft Platz für mehr

Eine große Terrasse ist etwas Herrliches, allerdings sollte ihre Größe sowohl zu den Dimensionen des Gartens als auch zu den Nutzungsgewohnheiten ihrer Besitzer passen. Beides war in diesem Garten nicht der Fall. Fast die Hälfte des Gartens verschwand unter den Terrassenbohlen – viel zu viel bei nicht einmal 100 Quadratmetern Gartenfläche und nur zwei Nutzern. Außerdem lag die Terrasse wegen der Nordausrichtung des Grundstücks fast den ganzen Tag im Schatten. Das gefiel den Gartenbesitzern zwar grundsätzlich, doch wünschten sie sich einen zusätzlichen Sitzplatz in der Sonne. So schrumpfte die hausnahe Terrasse bei der Umgestaltung auf ein für Garten und Nutzeranzahl passendes Maß und bekam ein sonniges Pendant am hinteren Ende des Grundstücks. Optisch zusammengehalten werden die beiden Verweilorte durch die Verwendung des gleichen Bondenbelags, Platten im eher ungewöhnlichen Format von 80 mal 50 Zentimetern, einer möglichst optimalen Annäherung an den Goldenen Schnitt.

Der Fallschutz aus Glas sorgt dafür, dass man sich auf der Terrasse nicht beengt fühlt und lässt den Blick von dort frei auf die Pflanzenvielfalt im Beet.

Grün im Abgang

Auch deshalb wurde die Schattenterrasse kleiner: Ein Lichtschacht für den Keller, der unter der alten Terrasse verschwunden war, wurde wieder freigelegt und als ungewöhnliches Beet in den Garten einbezogen. Nun blickt man aus dem einst stockfinsteren Kellerraum in eine Kaskade aus unterschiedlichen Grüntönen, die sich über die gestufte Pflanzfläche ergießt. So bekam die begrünbare Fläche des Gartens wertvollen Zuwachs. Hier zeigt sich auch, wie wichtig fundiertes Pflanzenwissen für die attraktive Gartengestaltung ist, denn das neu entstandene Beet liegt komplett im Schatten und verlangte deshalb nach Bewohnern, die mit diesen besonderen Verhältnissen klaglos zurechtkommen. Sehr durchdacht ist auch die Materialwahl rund ums Lichtschachtbeet: Modern-architektonisch und dennoch natürlich anmutender Cortenstahl fängt die Beetstufen ab, und den Fallschutz zwischen Terrasse und Tiefbeet führte der Planer in klarem Glas aus. Das wirkt ebenfalls modern, sorgt aber auch dafür, dass man sich auf der Terrasse nicht beengt fühlt und lässt den Blick von dort frei auf die Pflanzenvielfalt im Beet.

Trotz der großen Aufmerksamkeit, die die Planung hochwertigen Baumaterialien schenkt, bestehen die eigentlichen Hauptdarsteller des Gartens aus Blättern, Borke und Blüten. Als Unterstützung für den hölzernen Sichtschutz und als Blickfänger mit knorrigem Wuchs und fantastischer Herbstfärbung zogen drei japanische Fächerahorne in den Garten ein. Neben einer Vielzahl an blühenden Stauden lag bei der Pflanzenauswahl besonderes Augenmerk auf attraktiven Details wie unterschiedlichen Blattformen, -farben und -texturen. So präsentiert sich der Garten ganzjährig als optischer Abenteuerspielplatz. Auffällig ist auch, dass sich die Präsenz der Pflanzen nicht klassisch auf die Beetflächen beschränkt. Gezielt gesetzte Einzelexemplare lassen die Beetränder nach außen gewissermaßen ausfransen. Der Effekt ist enorm: Anders als im alten Garten wirkt hier nichts mehr steif und abgezirkelt.

Perspektiven eröffnen

Es gibt viele Möglichkeiten, einen kleinen Garten A interessanter und B optisch größer erscheinen zu lassen. Einige davon kamen hier zum Einsatz. So setzt das Planungskonzept auf das Spiel mit Sichtachsen. Zum einen sorgen die Schrittplatten, die die beiden Terrassen miteinander verbinden, durch ihr Richtung Zaun immer schmaler werdendes Format für eine optische Verlängerung des Grundstücks. Zum anderen unterbrechen die beiden vor der hinteren Terrasse gepflanzten Querriegel aus Eiben die freie Durchsicht bis zur Grundstücksgrenze. Das macht neugierig auf das Dahinterliegende, ohne es ganz zu verdecken, denn die Eiben bleiben durch regelmäßigen Schnitt knapp hüfthoch, damit sie nie zu mächtig wirken.

Die Pflanzungen außerhalb der eigentlichen Beete
lösen die Flächen konsequent auf.

Schöner Stein

Der graue Kalksteinkies bildet mit seiner Kleinteiligkeit den Gegenpol zu den großformatigen Platten von Weg und Terrassen. Für diese kam Walser Quarzit zum Einsatz, ein Material, in dessen feines Farbenspiel sich die Gartenbesitzer bei einem Besuch in der Schweiz verliebten. Aus dem gleichen Stein entstand auch die niedrige Mauer vor dem Hochbeet. Die Verwendung des gleichen Materials für Bodenbeläge und Hochbeetmauer bewirkt den optischen Zusammenhalt der Gesamtanlage, doch dank unterschiedlicher Oberflächenbearbeitung kommt keine Langeweile auf, und der Stein trägt wie alle anderen eingesetzten Materialien dazu bei, den Garten gleichzeitig naturnah und modern wirken zu lassen.

Die Dritte Dimension

Das Hochbeet übernimmt wie vieles in diesem Garten mehrere Funktionen. Zum einen erhebt es die Bepflanzung für diejenigen, die auf der Sonnenterrasse sitzen, auf Augen- und Nasenhöhe, so dass man sich dort regelrecht von der Natur eingehüllt fühlen kann. Zum anderen hebt es einen Teil des Gartens aus der Grundstücksfläche empor und baut so Spannung auf, und schließlich ist es auch noch so etwas wie die Fortsetzung der aufsteigenden Pflanzfläche vor dem Kellerlichtschacht.