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Ran an die Zwiebel

Es gibt über den Daumen gepeilt 150 Arten und 4.200 Sorten von Zwiebelpflanzen – reichlich Auswahl, um den Garten zu bereichern. Etwas überfordernd für den Laien, für Gartenprofis aber ein reichhaltiger Schatz, mit dem sich wunderbare Gartenbilder komponieren lassen.

 

Beim Stichwort Blumenzwiebeln denken die meisten Gartenbesitzer zunächst an Tulpe, Narzisse und Krokus. Das kommt nicht von ungefähr, denn von diesen sind mit Abstand die meisten Sorten und viele davon auch massenweise und für kleines Geld erhältlich. Aber es lohnt sich, den Blick etwas zu weiten – schon allein, weil nicht alle Zwie­belblumen Frühjahrsblüher sind. Vielmehr kann man mit ihnen bis in den November hinein Blühakzente set­zen und das Gartenbild immer wieder variieren.

Zwiebelpflanzen sind für die Gärtner von Eden Margare­ta Kulmann­Rohkemper aus Marl und Michael Schmahl aus Kronberg das
i­-Tüpfelchen in der Gartengestaltung. Für jeden Garten, den sie gestalten, entwickeln sie ein in­ dividuelles Pflanzkonzept und haben dabei auch immer ein breites Spektrum von Blumenzwiebeln mit im Blick. Aber es gibt – und das ist für Gärtner eher ungewöhnlich – für beide einhellig auch einen Negativ­-Favoriten: Lili­en. So schön, exotisch oder lieblich duftend sie auch sein können: Lilien würden sie nur sehr ambitionierten Hobbygärtnern empfehlen, die sich nicht da­ vor scheuen, den täglichen Kampf gegen den roten Lilienkäfer und seine schlüpfrigen Lar­ven aufzunehmen.

 

Michael Schmahl

„Kein Garten ohne Zierlauch – ein Blickfang besonders in eher minimalistischen Gärten.“

 

 

Wildwuchs erwünscht

Ganz anders sieht es beim Winterling aus. Die meisten Gartenbesitzer haben diese be­ sonders früh im Jahr blühende Zwiebel nicht auf dem Zettel, Michael Schmahl aber setzt sie sehr gern ein, besonders unter lichten Bü­schen wie Hortensien. Bereits Ende Januar wagt sich der Winzling durch die auftauende Schneedecke, denn klettert die Temperatur nur leicht über den Gefrierpunkt, ist er nicht mehr aufzuhalten. Rasch bilden sich dichte gelbe Blühteppiche, die sich im Laufe der Jah­re immer weiter ausbreiten.

Zwiebeln, die sich zuverlässig selbst ver­mehren oder zumindest über Jahre stabil wie­ derkommen, gehören auch zu den Favoriten von Margareta Kulmann­Rohkemper: „Einfa­che Wildtulpen zum Beispiel sind wunderbar, weil sie so filigran sind“, schwärmt die Garten­architektin. „Damit lassen sich tolle Akzente setzen, und das über Jahre. Das unterscheidet Wildtulpen von den meisten Zuchtsorten, die zwar auch sehr schön sein können, aber zumeist jedes Jahr aufs Neue gesetzt werden müssen.“ Ganz besonders gefallen Wildtul­pen Margareta Kulmann­Rohkemper, wenn ihre feinen Blüten auf einer Wiese über einem dichten Teppich aus Krokusblüten schweben.

Auswahl passend zum Standort

Wie bei jeder Pflanzplanung kommt es auch bei der Auswahl von Zwiebelblühern darauf an, sie passend zu den vorhandenen Stand­ortbedingungen zusammenzustellen. Um­gekehrt gibt es in der reichhaltigen Zwie­bellandschaft für jeden Standort und jedes ästhetische Konzept passende Sorten. So lassen sich auch unter lichten Gehöl­zen oder Bäumen regelrechte Blütenmeere pflanzen: Einen Teppich aus strahlend wei­ßen Blüten bildet dort zum Beispiel der Hohe Märzenbecher (Leucojum aestivum ‘Gravetye Giant’) – ein weiterer Favorit von Margareta Kulmann Rohkemper.

Um eine gute Flä­chenwirkung zu erzielen, setzt sie im Herbst immer Gruppen oder großflächige Bänder aus hunderten von Zwiebeln. „So kommt die Pflanze gut zur Geltung“, ist ihre Erfahrung. Ein anderer Kandidat für tolle Gartenbilder im Gehölzschatten: Bluebells oder Hasenglöck­chen. Wer sie einmal im Botanischen Garten von Wisley (England) gesehen hat, der will die blauvioletten nickenden Blütenglöckchen auch in seinem Garten. In Massen blühend, erfüllen sie hier an warmen Frühlingstagen die Luft mit ihrem lieblichen Duft. Ganz so zahlreich wie in Wisley lassen sich Bluebells in privaten Gärten zwar nicht unterbringen, aber auch hier fühlen sie sich immer dort, wo Laubbäume stehen, sehr wohl und bilden mit der Zeit große Bestände.

Es muss nicht immer kugelig sein.

Eher selten sieht man das Allium siculum, auch Bulgarischer Lauch genannt. Dieser präsentiert keine perfekt kugelförmige Blüte, sondern es wippen viele kleine Glöckchen fröhlich an der Dolde. Da auch diese Art nicht durch ihr Blattgrün besticht, braucht sie – wie eigentlich alle Allium-Sorten – Begleiter, die das früh unschön werdende Grün kaschieren.

Trends, die bleiben

Die Trendzwiebelpflanze der letzten Jah­re ist mit Sicherheit Allium. „Kein Garten ohne Zierlauch“, fasst Michael Schmahl kurz zusammen. Man könnte also meinen, in Deutschlands Gärten immer das Gleiche zu sehen – aber weit gefehlt: Allium wartet mit vielen verschiedenen Sorten, Farben, Formen und Blütengrößen auf – vom Klassiker ‘Purp­le Sensation’ bis hin zum weiß blühenden ‘Mount Everest’. Michael Schmahl kombiniert gerne Allium mit Gräsern, abgestimmt auf die Größe: „So ragen die auffälligen Blüten­ kugeln über wogendes Gras – ein Blickfang besonders in eher minimalistischen Gärten.“

Das gilt für viele andere Zwiebelblüher auch. Der Grund dafür, dass spätestens, wenn die Blüte welkt, auch ihr Laub unansehnlich wird, liegt darin, dass Blumenzwiebeln für ihre Teilung und den Austrieb im nächsten Jahr die gesamten Nährstoffe aus den Blät­tern benötigen. Deshalb darf man die un­ schön werdenden Blätter auch nicht einfach abschneiden, sondern muss warten, bis sie wirklich abgestorben sind.

Wachsen zwischen Stauden

Ebenso attraktive wie ungewöhnliche Beglei­ter für Allium und andere Zwiebelblüher sind Farne. Diese vielseitigen Pflanzen faszinie­ren Margareta Kulmann­ Rohkemper schon seit Jahren. Sie kombiniert sie gern mit weiß blühenden Narzissen, um außergewöhnliche Gartenbilder zu kreieren: „Dafür wähle ich Farne mit dunkelgrünem Laub. Das betont das Weiß der Narzissen“, erklärt sie. Damit diese attraktive Hell­dunkel-­Kombination lange das Gartenbild bereichert, greift die Expertin zu Narzissensorten mit unter­ schiedlichen Blühzeitpunkten. Ebenfalls eine gute Figur neben Farnen macht die Persische Kaiserkrone (Fritillaria persica) in Weiß oder Violett.

Margareta Kulmann-Rohkemper

„Blumenzwiebeln brauchen für ihre Teilung und den Austrieb im nächsten Jahr die gesamten Nährstoffe aus den Blättern.“

Schönheiten und Raritäten

Aber nicht nur die Kombination aus Zwiebel­blühern und Farnen ist noch eine Seltenheit. Auch unter den Zwiebelpflanzen selbst gibt es Raritäten, die nur darauf waren, entdeckt zu werden. Der Hundszahn, auch Forellenlilie genannt, ist eine solche Seltenheit im Früh­lingsgarten. Sein Platz ist der schattige bis halbschattige Gartenbereich, den er durch sein intensives Gelb zum Strahlen bringt. Im voll erblühten Zustand intensiviert sich die Blütenfarbe und die Blütenblätter sind weit zurückgeschlagen, so dass die auffälligen Staubgefäße sichtbar werden.

Im Frühsommer kann streichen in na­turnahen Gärten mit sonniger Lage die By­zantinische Siegwurz, eine Wildgladiole, entzücken: Sie gehört zu den wenigen winter­harten Gladiolen und ist eine besonders an­mutige Pflanze. Die zarten Blüten schweben scheinbar über dem glatten, schwertförmi­gen Blattgrün. In größeren Ansammlungen gepflanzt, vermittelt sie einen luftigen, wel­lenförmigen und bewegten Gesamteindruck.
Noch später im Jahr, bevor Frost und Schnee dem Garten einen besonderen Zauber verleihen, schlägt die große Stunde der Ne­rine. Michael Schmahl nutzt diese gerne, um Farb-­ und Blühakzente noch bis in den Spät­herbst hinein zu erhalten: „Sie verzaubert den Garten mit ihren rosaroten Tönen, die sich subtil unter die anderen Herbstfarben mi­schen“, beschreibt er die optische Wirkung. Lockere Blüten auf schlanken Stielen bringen noch einmal die Leichtigkeit des vergange­nen Sommers zurück. Erst mit dem ersten Frost ist es mit der Blütenpracht vorbei und die Winterruhe hält nun endgültig Einzug in den Garten.