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Die Vielfalt der Halme

Ziergräser sind beliebt und aus den Gärten der Gegenwart nicht wegzudenken. Sorgen, dass sie irgendwann aus der Mode kommen könnten, muss sich aber
niemand machen. Diese Pflanzengruppe bietet unzählige gestalterische Möglichkeiten und eine Vielfalt, an der man
sich nicht sattsehen kann.

Gräser als angesagt zu bezeichnen, dürfte Profis zum Schmunzeln bringen. Schließlich haben schon Generationen von Gärtnern Gräser vermehrt, Bücher über sie geschrieben und neue Sorten gezüchtet. In der Natur sind sie ohnehin auf jedem Kontinent vertreten. Allein zur großen Familie der Süßgräser (Poaceae) gehören nicht nur Nutzpflanzen wie Weizen, Roggen oder Mais, sondern rund 10.000 weitere Arten. Auch sämtliche Rasen- und viele Ziergräser, wie das Chinaschilf oder das Federgras, werden hier eingeordnet. Für die Gartengestaltung ist die faszinierende Vielfalt dieser einkeimblättrigen Gewächse wichtiger als die botanische Sortierung: Pflanzenbilder, die mit Gräsern komponiert sind, lassen sich dank der großen Auswahl auf jeden Gartenstil und Standort abstimmen.

 

Christian Albrecht

„Gräser lockern reine Staudenpflanzungen unglaublich auf und bringen so eine wunderbare Leichtigkeit in die Beete.“

Offen für alles

Meist denkt man bei Gräsern an natürlich wirkende Pflanzungen. Doch sie passen auch zu klaren, design-orientierten Gärten und lassen sich in keine Schublade einordnen. Maximilian Holzhausen, Inhaber von Achtermann Gärtner von Eden in Springe bei Hannover, weiß es zu schätzen, dass er Gräser so vielfältig einsetzen kann. Wenn der Effekt stimmt, spendiert er auch einer einzigen Art eine Fläche: „Das Japanische Berggras (Hakonechloa macra) ist einer meiner Favoriten. Wer einen Teppich mit einer Wellenbewegung bei Wind erleben möchte, pflanzt davon viel und möglichst großflächig. Mich erinnert das an ein Weizenfeld im Hochsommer.“ Anders als das einjährige Getreide überwintert das bo-dendeckende Gras und gedeiht gut an halbschattigen Standorten.

Ein ruhiges Design lässt sich auch mit mehreren Grasarten erzielen. Matthias Pötter, Geschäftsführer bei Josef Pötter Gärtner von Eden im westfälischen Gronau, hat gute Erfahrungen mit einem Trio gemacht: „Bei einer Gräserpflanzung arbeite ich gern mit den Höhen. Dann kombiniere ich niedrige Seggen (Carex) mit mittelgroßen Arten wie dem Lampenputzergras (Pennisetum) und hoch aufragenden wie der trockenheitsverträglichen Riesen-Rutenhirse (Panicum virgatum) ‘Northwind’. Das ergibt schöne Effekte, die nicht zu überladen wirken.“ Für ruhige und klar gestaltete Beete hat auch Christian Albrecht, Inhaber von Albrecht Gärtner von Eden in Oberhaid bei Bamberg, Favoriten: „Ich verwende häufig das Chinaschilf (Miscanthus sinensis) ‘Gracillimus’ mit seinen elegant und bogig hängenden Halmen. Auch das Sandrohrgras (Calamagrostis x acutiflora) lohnt sich. Wegen der kerzengeraden Blütenstände setze ich die Sorte ‘Karl Foerster’ besonders gerne ein.“ Auch diese Züchtung verträgt Trockenheit und gilt als ideal für Gärten, die im Sommer nicht bewässert werden.

 

 

 Gräser lockern die Geradlinigkeit von Bodenplatten auf.
 Japan-Waldgras (Hakonechloa) bringt sattgrünes Wogen in den Garten.

Matthias Pötter

„Die Japan-Segge ist ein sehr wichtiges Gras für unsere Planungen, denn sie ist auch im Winter grün.“

Spätstarter und Immergrüne

 Außerdem gibt es unter den zahllosen Gräsern Ausnahmen, die ganzjährig gut aussehen, erzählt Matthias Pötter: „Die Japan-Segge (Carex morowii) ist ein sehr wichtiges Gras für unsere Planungen. Auch flächige Bepflanzungen sehen mit ihr klasse aus, denn sie ist auch im Winter grün.“ Maximilian Holzhausen ergänzt seine Pflanzungen ebenfalls gerne mit immergrünen Gräsern und empfiehlt neben der Seggen-Sorte ‘Irish Green’ noch eine dekorative und dabei robuste Art: „Als kleine Besonderheit möchte ich die Schneemarbel (Luzula nivea) nennen. Sie trägt immergrüne und behaarte Halme, gedeiht sogar unter Gehölzen und bildet im Frühling sehr schöne weiße Blüten.“ Sie gehört zu den wenigen Pflanzen, die an trockenen und zugleich schattigen Standorten zurechtkommen.

Bei der Bauweise sind sich die Experten einig: Sie empfehlen Wände aus Vollholz. „Blockbohlen aus finnischer Gebirgsfichte sorgen für ein ganz wunderbares Raumklima“, schwärmt Michael Daldrup, und die Empfehlung von Fred Fuchs heißt Keloholz. Dieses besondere Holz entsteht in der Polarregion, wenn Bäume absterben und über Jahrzehnte auf natürliche Weise trocknen. Beide Materialien sind extrem haltbar und sehen auch nach Jahrzehnten aus wie neu. In ihrer kalten Heimat wachsen die Bäume sehr langsam, dadurch bekommt das Holz eine sehr feinporige Struktur – perfekt für das Raumklima in einer Sauna.

Christian Albrecht

„Gräser lockern reine Staudenbepflanzungen unglaublich auf und bringen so eine Leichtigkeit in die Beete.“

Gegensätze, die zusammen ein harmonisches Bild ergeben: das stabil aufragende Brandkraut (Phlomis russeliana) und das weiche Federgras (Stipa tenuissima)

Gekonnt kombinieren

lmmergrüne Kollegen und Blumenzwiebeln ergänzen die spät austreibenden Ziergräser zwar zum Start in die Saison. Doch spätestens, wenn sich die Blumenzwiebeln wieder zurückgezogen haben, entfalten die Spätzünder ihre Schönheit und beweisen, dass sie selbst ebenfalls ausgezeichnete Pflanzpartner sind. Christian Albrecht gerät ins Schwärmen: „Gräser lockern reine Staudenpflanzungen unglaublich auf und bringen so eine wunderbare Leichtigkeit in die Beete.“ Dass viele der besonders attraktiven Arten einige Jahre brauchen, um sich im Garten zu etablieren, weiß er. Schlimm ist das aber nicht, denn einige Staudengärtnereien bieten etwas ältere und gut durchwurzelte Gräser in größeren Gefäßen an: „Wann immer möglich, suchen wir solche Gräser für unsere Beete aus. Somit sparen wir Zeit für die Entwicklung und haben gleich in den ersten Jahren prächtige Akzente in den Beeten.“
Die Liste an Stauden, die gut zu Gräsern passen, ist lang. Steppen-Salbei (Salvia nemorosa) ‘Caradonna’ ist eine von ihnen. Er blüht ab Juni und gehört mit seinen straff aufrechten Blütenkerzen, die Bienen anziehen, auch zu den Favoriten von Maximilian Holzhausen.

Möchte er leichte und filigrane Effekte erzielen, verwendet er andere Stauden: „Dafür setze ich Blüten ein, die über den Gräsern schweben, wie beim Patagonischen Eisenkraut (Verbena bonariensis), der Prachtkerze (Gaura lindheimeri) oder der Dreiblattspiere (Gillenia trifoliata).“ Auch Purpur-Sonnenhut (Echinacea purpurea) macht sich gut zu Gräsern und spannt seine Blütenschirme zu den Gräsern auf. Besonders bewährt hat sich die Sorte ‘Magnus’. Ebenfalls unkompliziert ist die Hohe Fetthenne (Sedum x telephium), die den ganzen Sommer über flache Blütendolden trägt und das Beet danach mit Samenständen bis zum Spätwinter schmückt. Gräser wie das für trockene und sonnige Standorte ideale Engelshaar (Stipa tenuissima) fungieren in diesem Zusammenspiel als Strukturgeber und Leinwand. Ihre eigenen Blüten sind meist eher unauffällig, was sie als Pflanzpartner für blühende Stauden umso wertvoller macht.

 

Dünenatmosphäre in den Garten bringt hier die Kombination aus Federgras (Stipa tenuissima) und Prachtkerze (Gaura lindheimeri ‘Snowbird’).
Mit seinen leuchtend roten Blättern erinnert das Japanische Blutgras (Imperata cylindri-ca, hier die Sorte ‘Red Baron’) an lodernde Flammen.

Faszinierendes Finale

Gegen Ende der Saison erweisen sich die Spätzünder als Dauerbrenner und beweisen, dass es sich lohnt, sie im Garten zu inszenieren. Mit der tiefer stehenden Herbstsonne werden ihre im Sommer noch unauffälligen Blütenstände zu Hinguckern und brillieren förmlich. Einige Arten tragen ihre Attraktivität schon im Namen: Die Blüten des Diamantgrases (Calamag-rostis brachytricha) schimmern im Gegenlicht der Sonne silbrig. Auch die diversen Lampenputzergräser wie Pennisetum alopecuroides ‘Hameln’ werden wegen ihres Fruchtschmucks gerne von den Profis verwendet. Manche Gräser bieten um diese Jahreszeit besonders attraktive Halme, verrät Maximilian Holzhausen: „Rutenhirsen (Panicum virgatum) mit rötlicher Herbstfärbung wie die Sorte ‘Hänse Herms’ sollte man nicht unterschätzen.“

Mit dem ersten Frost löst vornehmes Glitzern die Rottöne ab. Dann überzieht und veredelt der Raureif sämtliche Gräser und macht standfeste Sorten wie das Chinaschilf (Miscanthus sinensis) ‘Malepartus’ zu Skulpturen. Mit dem Rückschnitt warten Profis deshalb bis zum Start in die nächste Saison. Erst im Februar und März machen die alten Halme Platz und lassen das Licht für die Blumenzwiebeln passieren

 

Maximilian Holzhausen

„Rutenhirsen mit rötlicher Herbstfärbung wie die Sorte Hänse Herms sollte man nicht unterschätzen.“