Essbare Gärten
Wer erinnert sich nicht an Großmutters Garten? Genascht wurde dort immer gern. Hier schnell mal eine Himbeere gepflückt, dort verschwand eine Zuckerschote im Mund. Heutzutage fehlen den meisten Menschen der Platz und die Zeit für einen richtigen Selbstversorgergarten. Naschgarten heißt die moderne Alternative zum traditionellen Nutzgarten. Und in Sachen Genuss-Vielfalt muss dank regelmäßiger Neuheiten niemand Abstriche machen.
Wer sich vom Gartenprofi einen Naschgarten anlegen lässt, will Natur bewusst erleben und begreifen, trotz geringem Platzangebot und wenig Zeit. Das leuchtet ein: Schmecken, riechen, sich an einen Bauerngarten aus der eigenen Kindheit erinnern, wenn man in den sonnenwarmen Apfel oder eine Tomate beißt, und dabei die Insekten beobachten – das ist auch heute Genuss pur und eine Auszeit vom Alltag. Das Spannende dabei: Das Thema Naschgarten ist dynamisch. Altbewährtes wie Himbeeren oder Tomaten funktioniert immer, aber es gibt auch im Nutzpflanzenbereich für den Privatgarten regelmäßig neue Züchtungen, die zum Ausprobieren einladen und Abwechslung ins Naschbeet bringen – sehr zur Freude von Menschen und Insekten.
Must-have für den Naschgarten: leckere bunte Beeren
Was sollte denn heute in keinem Naschgarten fehlen? Beeren sind aus dem modernen Nutzbeet nicht wegzudenken. Die Klassiker Himbeeren, Johannisbeeren, Stachelbeeren und Erdbeeren schmecken tatsächlich auch am besten direkt von der Pflanze, passen also perfekt in einen Naschgarten, der ja genau dazu da ist, das Gepflückte auch direkt zu verspeisen.




Superfood selbst ernten
Schwung in die Beerenwelt bringen Sorten, die vor als Superfood ein Begriff sind, aber längst nicht in jedem Supermarkt zu finden sind. Was viele noch nicht wissen: Die exotischen Powerbeeren wachsen auch in heimischen Gefilden.
Gojibeeren, die orangen, hagebuttenähnlichen Früchte des Bocksdorns, sind süß-säuerlich-herb, lassen sich frisch oder getrocknet genießen und enthalten wichtige Nährstoffe wie Eisen, Zink, Magnesium und Selen. Die Pflanze stammt eigentlich aus Asien und ist nicht besonders anspruchsvoll. Sie wächst auch hierzulande an sonnigen Plätzen mit durchlässiger Erde. Die lilafarbenen Blüten sind ein echter Hingucker und beliebt bei Bienen.
Ebenfalls noch relativ unbekannt in deutschen Gärten ist Aronia, auch schwarze Apfelbeere genannt. Sie ist ursprünglich in Nordamerika zu Hause, wird aber vorwiegend in Russland kultiviert. Die erbsengroßen Beeren schmecken frisch überraschend herb, aber zusammen mit anderen Früchten zu Saft weiterverarbeitet, überzeugen sie auch alle, die es gerne süß mögen.
Die ebenfalls als Superfood bekannten leicht herben Cranberrys werden in ihrer Hauptanbauregion, in Nordamerika, mithilfe der spektakulären Nassernte von den Sträuchern geholt. Dort wächst die Cranberry auf gigantischen Feldern, bei uns fühlt sie sich auf sandigem Untergrund als Bodendecker wohl. Schon etwa zehn Pflanzen des Heidekrautgewächses ergeben eine nennenswerte Ernte, die man problemlos per Hand erledigen kann.
Blaubeeren und Brombeeren speziell für den Naschgarten
Blaubeeren und Brombeeren sind per se nicht neu im Garten, aber aufgrund ihrer eigentlichen Wuchsform eher schwierig auf kleinem Raum zu kultivieren. Spezielle Neuzüchtungen hingegen sind perfekte Naschgartenbewohner. Die neuen Sorten wachsen kompakt und sind Zier- und Nutzpflanzen zugleich.“ Das Laub der Blaubeeren färbt sich im Laufe des Jahres je nach Sorte von Pink über Orange zu Smaragdgrün und die Ernte ist relativ groß, da die ursprünglichen Mutterpflanzen aus dem Ertragsanbau stammen. Besonders gut lassen sich relativ neue Waldheidelbeerzüchtungen, die Buchsbäumen vom Laub und Wuchs zum Verwechseln ähnlich sind, in den Naschgarten integrieren. Auch die sonst als widerspenstig bekannten Brombeeren kommen im Kübelformat daher, und das sogar nahezu ohne Dornen, was eine schmerzfreie Ernte bedeutet.
Beerenpflanzen, ob als Sträucher oder als Bodendecker, eignen sich übrigens gut für Hochbeete. Man hat eine angenehme Pflückhöhe, Schädlinge bleiben fern und Früchte reifen geschützter, das bedeutet einen optimalen Ertrag.



Spalier und Spindel statt Streuobstwiese
Weitaus schwieriger auf kleinem Raum unterzubringen als Beeren sind normalerweise Obstbäume, fehlt in den meisten Gärten doch der Platz für eine Streuobstwiese oder auch nur einen einzelnen großen Baum. Doch es gibt gleich mehrere Möglichkeiten, auch in einem kleinen Garten sogar verschiedene Obstbäume zu haben. Obstgehölze eignen sich nämlich bestens für Spaliere. Um sie zu kultivieren, reicht im Extremfall sogar eine Hauswand. Vorteil: Birnen, Äpfel, Kirschen und Pflaumen wachsen so wind- und kältegeschützt. Wer doch etwas mehr Platz zur Verfügung hat, kann Pflaumen, Birnen- oder Kirschbäume auch als schwebende Hecke oder als Sichtschutz in die Vertikale bringen und so elegant in die Gartengestaltung integrieren.
Weitere Möglichkeiten, mittlerweile nahezu alle Sorten auf Miniformat zu bringen, sind Säulen- und Spindelobst. Bei beiden Formen erreichen die Bäume nur eine überschaubare Höhe und sind sogar für Kübel geeignet. Während Säulenobstbäume schlank und ohne Krone wachsen, werden die Spindeln möglichst kegelförmig mit flach wachsenden Ästen gezüchtet. Dies garantiert eine gleichmäßige Nährstoffverteilung und zahlreiche Früchte.

Kaum etwas ist unmöglich: Südfrüchte für den Naschgarten
Melonen und Kiwis in unseren Breitengraden? Was noch vor wenigen Jahren eher experimentell war, hat nun eine feste Daseinsberechtigung in deutschen Gärten – eine der wenigen positiven Folgen des Klimawandels. Die Winter werden wärmer und die Sommer heißer. Für Orangen und Zitronen reicht das zwar noch nicht, aber beispielsweise Melonen oder Lavendel werden sogar schon in vereinzelten Regionen kommerziell angebaut. Für den Naschgarten bedeutet dies noch mehr Vielfalt.
In milden Regionen Deutschlands gelingt der Anbau klassischer Kiwisorten schon länger, aber mittlerweile gibt es noch mehr Sorten, die besonders robust und frostbeständig sind und so in jedem Fall den Winter überstehen. Kleinfruchtige und unbehaarte Sorten wie die violette Traubenkiwi Purpurna oder die Kiwibeere stehen ihren großen Verwandten geschmacklich in nichts nach und sind ideal zum Naschen. Sie wachsen lianenartig und benötigen daher ein stabiles Stützgerüst. Eine Pergola oder den Carport verwandeln Kiwipflanzen beispielsweise in einen charmanten, grünen Baldachin.
Wassermelonen bereichern den Naschgarten auch in Snackgröße. Mit einem Durchmesser von nur zehn bis fünfzehn Zentimetern bieten sie komprimiert den Geschmack des südlichen Sonnenscheins und sie gedeihen sogar im Kübel.
Naschgärten sind in jedem Fall ein aktuelles Thema. In ihnen verbinden sich der Spaß am Genuss und am Gärtnern mit Interesse an der Natur. Mensch, Flora und Fauna können davon nur profitieren.