TEXT   Christine von Welck

Heutzutage ist Ananas nicht gerade teuer, in jedem Supermarkt erhältlich, frisch oder gezuckert in Dosen –ein Allerweltslebensmittel. Doch vor der Erfindung von Kühltransportern war es quasi unmöglich, die Frucht aus ihrer südamerikanischen Heimat in genießbarem Zustand nach Europa zu bringen. Das machte den Besitz einer Ananas zum Inbegriff von Reichtum. Eine kleine Zeitreise.

Eine monumentale, steinerne Ananas mitten in den schottischen Lowlands? Man mag seinen Augen kaum trauen, aber dieses Prachtexemplar ist real und krönt das Sommerhaus von Dunmore Park. Ende des 18. Jahrhunderts ließ der vierte Earl of Dunmore ein Dach seines erst kurz zuvor erbauten Sommerhauses in Form einer Ananas umbauen als weithin sichtbares Zeichen seines Wohlstands. Wie der Earl hielten es auch andere reiche Adlige – nicht nur auf den britischen Inseln – und verschönerten ihren Besitz mit der damals so exotischen Frucht.

Zum Verzehr zu kostbar

Männer wie Christoph Kolumbus oder Vasco da Gama entdeckten nicht nur neue Seewege, sondern brachten auch Früchte und exotische Pflanzen aus der Neuen Welt nach Europa. So füllte Kolumbus anno 1493 – vermutlich in der heutigen Dominikanischen Republik – mehrere Kisten mit außergewöhnlichen Früchten und Pflanzen von der Kartoffel über Tomaten bis hin zur Ananas. Während die Kartoffeln die lange Reise nach Europa gut überstanden, verfaulten nur durch pures Glück nicht alle Exemplare der Ananas.
Diese wenigen Früchte haben gereicht, um in Europa ein regelrechtes Ananasfieber auszulösen und in den reichen Adelshäusern Begehrlichkeiten zu wecken. Von nun an waren Europas Gärtner damit beschäftigt, das richtige Klima dafür zu schaffen, die Ananas auch im kalten Europa heranreifen zu lassen. Bis ins 17. Jahrhundert dauerte es, bis der erste Gärtner in der Alten Welt eine reife Frucht pflücken und seinem Herrn überreichen konnte. John Rose, Gärtner des englischen Königs Charles II., wird dieser Erfolg zugesprochen. Dieser stolze Moment ist auf einem Gemälde, das heute im British Museum in London hängt, für die Ewigkeit festgehalten. Die Ananas von Kolumbus wurde im Übrigen seinem Auftraggeber Fernando, dem damaligen Herrscher von Spanien, auch bekannt als Ferdinand der Katholische, überreicht. Diesem verdankt sie übrigens auch ihren spanischen Namen: Ihn erinnerte die Frucht, die in ihrer südamerikanischen Heimat naná hieß, an einen Pinienzapfen und er nannte sie la piña. Davon leitet sich auch das englische pineapple ab. Doch zurück zur ersten in Europa gezüchteten Ananas: Der gärtnerische Erfolg des Mr. Rose lockte Nachahmer. Wer als Adliger im 18. Jahrhundert etwas auf sich hielt, ließ sich ein spezielles Gewächshaus für Ananaspflanzen, eine sogenannte pinery bauen. Das kostete ein Vermögen und ließ das ohnehin schon teure Obst so kostbar wie Gold werden – und  so teuer, dass mancherorts ein regelrechter Ananasverleih entstand. Bei herrschaftlichen Dinners wurde eine Ananas auf einer großen Schale Obst thronend zum triumphalen Finale hereingetragen. Doch galt: Berühren, oder gar essen strengstens verboten! Die Ananas diente nur der Dekoration und wurde, sobald die Gäste sich an ihr sattgesehen hatten, zum nächsten Fest getragen. Wie gut, dass heute der Gang in den Supermarkt reicht, um in den Genuss einer Ananas zu kommen.

Fruchtige Geltungssucht
1771 ließ John Murry, der vierte Earl of Dunmore, die ananas-förmige Kuppe auf seinem Sommerhaus errichten
Zitrusfrüchte – von Weltumseglern verbreitet

Auch Orangen und Zitronen liebten die Reichen und Mächtigen. Schon vor über 4.000 Jahren waren Zitrusfrüchte bekannt. Orangen wurden in China angebaut, während die Zitrone aus dem nordwestlichen Indien stammt. Vermutlich Alexander der Große brachte sie dann in den Mittelmeerraum.

In Nord- und Mitteleuropa ließen sich Adlige reihenweise prunkvolle Orangerien errichten, um Orangen- und Zitrusbäume zu kultivieren. Eine der prächtigsten steht in Versailles: 150 Meter lang, dreizehneinhalb Meter breit beherbergte sie zur Zeit Ludwigs XIV. bis zu 1.200 Orangenbäume.

Die europäischen Entdecker und Eroberer nahmen aber auch hier heimische Pflanzen und Früchte, wie Zitrusfrüchte, mit  auf ihren Weg über die Weltmeere. So gelangten diese nach Nord- und Südamerika. Heute sind Brasilien und die USA die größten Orangenproduzenten der Welt und ernten zusammen jedes Jahr rund 25 Millionen Tonnen der süßen, saftigen Früchte.

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