TEXT   Christiane Stoltenhoff

Wenn auf einem 300 Quadratmeter großen Grundstück ein Bungalow so platziert wird, dass Vor- und Wohngarten annähernd gleich groß sind, kann man sich aus gärtnerischer Sicht schon einmal fragen, warum. Schließlich entsteht so zwar ein überdurchschnittlich großer Vorgarten, gleichzeitig aber auch ein in Relation eher kleiner Wohngarten.

Dass diese ungewöhnliche Raumsituation mit gelernten Gartennutzungsgewohnheiten kollidiert und einen Hausbesitzer in das Dilemma stürzen kann, sich nirgendwo auf seinem Grundstück wirklich wohl zu fühlen, erfuhr Thomas Grütters, Gartengestalter aus Sonsbeck am Niederrhein. Ihn beauftragte ein Ehepaar damit, seinen schon lange gehegten Traum zu verwirklichen, beide Grundstücksteile endlich in wohnliche Gartenzimmer zu verwandeln.

Vorgarten
Wohngarten
Der Vorgarten

Der Durchschnittsvorgarten ist klein und hat multifunktional zu sein: Der Weg zur Haustür führt hier durch, Mülltonnen wollen untergebracht, Gäste freundlich empfangen werden. Auf diesem Grundstück aber ist alles anders: Der Vorgarten hat mit rund 90 Quadratmetern eine stattliche Größe, die Eingangstür liegt an der Seite des Hauses und der Müllplatz hinter dem Wohngarten. Doch diese eigentlich glücklichen Umstände musste man sich erst einmal bewusst machen, waren die Gartenbesitzer doch bislang einem eher klassischen Vorgartenbild verhaftet gewesen: Rasen, Betonpalisaden, Zaunelemente von der Stange, lockere Bepflanzung Richtung Straße. Aufenthaltsqualität oder gar die Möglichkeit zu einer sinnvollen Nutzung? Fehlanzeige. Nachdem sie aber nun neue bodentiefe Fenster in die Fassade hatten einbauen lassen, keimte allmählich die Idee auf, dass ihr Vorgarten Potential für deutlich mehr hat. Erster Ansatz: eine kleine Terrasse aus Blaustein vor den neuen Fenstern. Doch schnell zeigte sich: Es muss ein grundlegendes Konzept her, zumal die neue Fensterfront tiefe Einblicke in die Privatsphäre gewährte und andererseits zu viel von der nicht allzu hübschen Umgebung sichtbar werden ließ.

Ganz privat

Das Grundstück liegt an einer eigentlich ruhigen, aber dicht bebauten Privatstraße. Deshalb erforderte die geplante Nutzung des Vorgartens als Aufenthaltsbereich die Errichtung von Sichtschutzelementen, um Privatsphäre zu schaffen. Diese sind so dimensioniert, kombiniert und platziert, dass niemals der Eindruck von Enge entsteht: Maßgefertigte Holzelemente wechseln sich mit weiß getünchten Mauerscheiben und mannshohen Eibenhecken ab.

Mitten im Grünen sitzen

Ungewöhnlich, nicht nur für einen Vorgarten: Blickfang und zentrales Element ist jetzt eine großzügig dimensionierte Holzterrasse. Die stammt übrigens, wie alle anderen Holzelemente in dem Garten auch, von der Hand des Gartenbesitzers, eines begeisterten Hobbyschreiners. Thomas Grütters plante sie in der Flucht der bereits vorhandenen Blausteinterrasse am Haus annähernd mittig in den Garten. Zur Straße bildet die dort platzierte Mauerscheibe ihren soliden Abschluss. So entstand hier ein rundum heimeliger Sitzplatz für die Vormittagsstunden, in denen der Vorgarten in der Sonne liegt.

Heimelige Kombi

Die Pflanze ist hier eindeutig der Hauptdarsteller, allerdings hat der Werkstoff Beton ebenfalls eine tragende Rolle: Er verleiht dem Garten sein modernes Gepräge. Die großformatigen Bodenplatten, die Holzdeck-einfassung und die Sitzquader sind Sonderanfertigungen. Die Pflanzen sind so gewählt, dass sie den Beton gut ergänzen, ihm aber gleichzeitig seine Nüchternheit nehmen. Wo vorher lückenhafter Rasen und ein paar Gehölze eher schlecht als recht Gartenatmosphäre aufkommen ließen, wächst heute vielfältig, aber niemals wild, eine harmonische Pflanzenauswahl: Eiben und Spalierlinden als Sichtschutz, bodendeckender Thymian zwischen den Terrassen, in den Beeten Hortensien, Rosen, Katzenminze, Lavendel und Storchschnabel. Gräser unterstreichen den modernen Charakter der Pflanzung. Abgeschafft wurde der Rasen – auf ausdrücklichen Wunsch der Gartenbesitzer.

Schätze gehoben

Anders als im Vorgarten, wo außer der ja auch erst jüngst angelegten Blausteinterrasse alles neu gemacht wurde, gab es im Wohngarten gleich mehrere Elemente, die in das neue Konzept eingebunden wurden. So blieb die Flächenaufteilung im Wesentlichen erhalten, die beiden bereits vorhandenen Holzterrassen wurden – die eine in der Form leicht modifiziert – ebenso eingebunden wie Teile der Bepflanzung: zwei Spalierlinden, ein Birnbaum und die Hainbuchenhecke zieren ganz harmonisch auch den neuen Garten. Doch trotz so viel Kontinuität hat der Wohngarten nach der Umgestaltung einen vollkommen neuen Charakter. Eine niedrige Buchshecke mit vorgelagertem Lavendelbeet bindet nun das Holzdeck, das vorher wie ein zufällig gelandetes Bretterufo dalag, in den Garten ein. Die kleine Terrasse vor der Küche bekam aber dank einer Verlängerung um die Ecke des Hauses ebenfalls eine Anbindung an den restlichen Garten. Unter der verschwindet auch die unschöne Abdeckung der Kellerbelüftung.

Rasen raus

Hier war die Rasenfläche noch kleiner als im Vorgarten. Aus Sicht des Planers eher Platzverschwendung als Bereicherung für den ohnehin kleinen Wohngarten. Deshalb musste der grüne Teppich auch hier weichen. An seine Stelle traten großformatige, Blausteinplatten, die auch den geklinkerten Weg ersetzen, den Besucher durch den Garten führen und dort, wo früher die paar Quadratmeter Rasen waren, eine gekieste Fläche samt Wasserspiel rahmen.

Auf kleinem Raum entstand ein funktional wie ästhetisch höchst ansprechender Garten.

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