STUFEN
KUNST
Treppen. Klingt nach purer Funktionalität, nach einer Notwendigkeit, die man braucht, wenn es Höhenunterschiede zu überwinden gibt. Und im Garten heißt Treppe auch noch: unebenes Grundstück, also schwieriges Terrain. Aber es lohnt sich definitiv, sich einmal näher mit Stufenanlagen zu beschäftigen, denn dabei merkt man schnell, wie viel
Ästhetik in gut gemachter Funktionalität stecken kann.
Schreiten, springen, schlendern: Das menschliche Zufußgehen kennt reichlich Varianten. Welche man gerade wählt, hängt von vielen Faktoren ab. Zum Beispiel von dem Terrain, das man begeht. Das gilt auf Wegen und Pfaden, aber genauso auf Treppen. Während man manche Exemplare fast majestätisch hinabschreiten kann, verlangen andere einem beim Aufstieg regelrecht sportliche Leistungen ab oder lassen den Laufenden sich so unsicher fühlen, als sei er auf vor Jahrhunderten im Dschungel versunkenen Stufen unterwegs.
Treppen brauchen Planung
Treppen sind also nicht gleich Treppen und im Garten übernehmen sie auch weit mehr Funktionen, als bloß Höhenunterschiede zu überwinden. Wer ein Grundstück besitzt, bei dem das angezeigt ist, sollte – am besten zusammen mit einem Gartenprofi – etwas Mühe in die Planung seiner Treppen investieren, denn sie entscheiden maßgeblich mit darüber, ob man sich langfristig mit seinem Garten wohlfühlt und ihn sich zu Fuß erschließen kann und will. Oliver Ochsenfarth, Gärtner von Eden aus Schalksmühle im Sauerland und schon aufgrund der Topografie seiner Heimat ständig mit der Planung und Anlage von Treppen beschäftigt, fasst das so zusammen: „Treppen haben auch gestalterische Aufgaben. Sie gliedern einen
Garten und schaffen Gartenräume in verschiedenen Höhen, können Sichtachsen öffnen oder schließen und aufgrund der vielfältigen Bauweisen die Gestaltungsabsicht unterstreichen.“ In diesem Satz stecken komplexe Planungsaufgaben, zu denen sich bei der Umsetzung auch noch bautechnische Herausforderungen gesellen, denn verglichen mit der anderen Möglichkeit, einen Höhenunterschied zu überbrücken, – einer Rampe – ist die Treppe die baulich weitaus größere Herausforderung. Dennoch ist sie für Christoph Rabl, Gartenarchitekt und Planer bei Majuntke Gärtner von Eden im bayerischen Mainburg, in den allermeisten Fällen erste Wahl: „Eine Treppe ist immer die hochwertigere, edlere, aber auch kostspieligere Form der Höhenüberwindung im Vergleich zu einer Rampenanlage. Diese benötigt deutlich mehr Platz als eine Treppe. Wenn der betreffende Weg nicht unbedingt befahrbar sein muss, raten wir immer zu Stufen.“ Und Oliver Ochsenfarth ergänzt: „Zu steile Rampen können schnell rutschig werden. Auch Menschen mit Einschränkungen können zumeist besser ein paar einzelne Stufen überwinden als einen zu steilen Weg.“
Cortenstahl als Material für die Setzungen macht eine Treppe zur Skulptur.
Die überhängenden Gräser geben den massiven Blockstufen Leichtigkeit,
unterschiedliche Stufenbreiten lockern das Bild zusätzlich auf.
Glatt geschliffene Auftrittsflächen, naturraue Fronten: Diese Stufen leben von der
Vielfalt der Bearbeitungsmöglichkeiten von Naturstein.
Gestufte Hingucker
In ästhetischer Hinsicht sind Treppen ohnehin die Sieger, sofern sie sorgfältig geplant sind. Christoph Rabl denkt sie immer als Teil eines gestalterischen Gesamtkonzepts: „Treppen kommen ja selten allein daher, stehen immer in räumlichem und optischem Bezug zu anderen Gestaltungselementen.“ Da können schon ein paar Stufen zum Designstatement werden oder für den gestalterischen Brückenschlag zwischen Garten und Wohnhaus sorgen. Selbst Architekturelement, sollten sie dennoch immer fest im Garten verwurzelt sein, besonders reizvoll ist, ihre Interaktion mit Pflanzen bei der Planung zu berücksichtigen. So können spielerisch über die Seiten der Stufen fallende Gräser deren Geradlinigkeit auflockern und ihnen damit einiges an Schwere nehmen. Einen ähnlichen Effekt bringen genügsame Bodendecker wie Thymian.
Kunstvoll
Von oben betrachtet scheinen sich diese Stufen aus der Begrenzung der Stützmauern zu befreien, um sich auf den Rasen zu ergießen.
Schön sicher
Auch Licht ist ein häufiger Begleiter von Stufen. Das hat in erster Linie funktionale Gründe, schließlich soll der Gang über die Treppe auch im Dunkeln sicher sein. Wie man das erreicht, fasst Oliver Ochsenfarth zusammen: „Treppen sollten beleuchtet sein, ohne dass die Lichtquellen blenden. Das geht am besten mit kleinen LED-Strahlern, die die Stufen anleuchten.“ Lichtbänder können für eine zusätzliche Inszenierung der Treppe sorgen. Und apropos sicher: Beim Material achten beide Gestalter darauf, dass man die Stufen auch bei Feuchtigkeit gefahrlos begehen kann, weshalb sie Holz nur eingeschränkt empfehlen. „Die gängigsten Materialien sind Beton und Naturstein, auch Metall kann eine Option sein, hat aber eine sehr technische Anmutung“, so Oliver Ochsenfarth. Damit schlägt er auch gleich den Bogen zurück zur Ästhetik, die bei allen praktischen Überlegungen für die Gestaltung einer Treppe im Garten immer auch eine wichtige Rolle spielt. Als Teil des gestalterischen Gesamtkonzepts können Treppen ebenso als logische Verlängerung von Wegen konzipiert werden wie als das genaue Gegenteil: solitäre Blickfänge oder gewollte Unterbrechungen eines Rhythmus. So können Blockstufen aus Naturstein einen Weg aus einfachem Betonsteinkleinpflaster enorm aufwerten oder Stufen auch ganz ohne die Anbindung an einen Weg einfach zwei Rasenterrassen miteinander verbinden. Aufmerksamkeit ist ihnen in beiden Fällen sicher.
Ein bisschen Bautechnik
Die genannten Blockstufen, also massive, monolithische Quader, die jeweils eine Stufe bilden, sind „die einfachste und haltbarste Methode, um Stufen zu bauen“, fasst es Oliver Ochsenfarth zusammen. Eine andere Art, Stufen auszubilden, ist die Kombination aus Tritt- und Setzstufen. Dabei setzt sich die eigentliche Stufe aus zwei Elementen zusammen: Ihre Auftrittsfläche wird auf einem senkrecht stehenden Element, der sogenannten Setzung, gelagert. Vorteil: Für die Ausführung der Treppe können die gleichen Platten wie für den Weg verwendet werden, sodass Weg und Treppe optisch nahtlos ineinander übergehen. Allerdings ist die Ausführung etwas anspruchsvoller und die Konstruktion nicht ganz so unverwüstlich wie bei einer Blockstufe.
Unbedingt rechnen
Beim Thema Podest zeigt sich übrigens genau wie bei den Stufen, dass die ideale Treppe auch eine Sache von Mathematik ist. Wirkung und Komfort einer Treppe hängen maßgeblich von ihren Abmessungen ab: „Wenn das Gelände keine anderen Vorgaben macht, arbeiten wir mit Stufenhöhen von 14 bis 16 Zentimetern“, erklärt Christoph Rabl. „Das ermöglicht einen angenehmen Aufstieg.“ Die ideale Tiefe einer Stufe ergibt sich laut Lehrbuch aus ihrer Höhe: Je niedriger die Stufe, desto tiefer sollte der Auftritt sein. Was die Breite der Stufen angeht, müssen die Planer wiederum sowohl funktionale als auch ästhetische Gesichtspunkte im Blick haben. „Hier kommt es sehr auf die Rolle an, die die jeweilige Treppe im Garten übernehmen soll“, fasst es Christoph Rabl zusammen. „Bildet sie einen ganz pragmatischen, unauffälligen und eher wenig genutzten Verbindungsweg, reicht es, sie gut schulterbreit auszuführen. Häufig genutzte oder im Zentrum der Aufmerksamkeit stehende Treppen sollten deutlich breiter sein. Je nach Breite können sie regelrecht opulent und enorm repräsentativ wirken, was sehr reizvoll sein kann.“ Ob nun schmal oder breit, aus Naturstein oder Metall, gerade oder abgewinkelt: Treppen sind auf Grundstücken mit Gefälle ein nahezu unverzichtbares und auf jeden Fall beachtenswertes Gestaltungselement, über das man sich mal schreitend, mal springend, mal schlendernd durch den Garten bewegen kann.
Auch das Drumherum ist wichtig
In den allermeisten Fällen besteht eine Treppe nicht nur aus Stufen. Zu ihr gehören oft auch Wangen, also eine seitliche Konstruktion, in die die Stufen eingebettet sind, und je nach Länge der Treppe unterbricht das eine oder andere Podest die Stufenfolge. Beide Elemente können den Charakter einer Treppe maßgeblich mitprägen. Die Wangen grenzen die Treppe gegen das umgebende Terrain ab, verstärken also ihren architektonischen Charakter, können aber gleichzeitig auch ihre Einbindung in das Gesamtkonzept des Gartens vorantreiben. Podeste haben ebenso praktische wie ästhetische Funktionen: Sie ermöglichen Verschnaufpausen auf dem Weg nach oben, laden zum Innehalten und damit zum absichtsvollen Blick in den Garten ein. Idealerweise sind sie so dimensioniert, dass sie einen Wechsel des Antrittsbeins ermöglichen; bei längeren Treppenläufen sorgt das für weniger Ermüdung beim Aufstieg. Optisch sind Podeste willkommene Gliederungselemente, um den immer gleichen Rhythmus der Stufen zu unterbrechen. Außerdem erleichtern sie Richtungswechsel in der Wegführung.
Einfach nur Stufen oder eine eigenständige Skulptur? Diese charaktervolle Treppe passt perfekt zu dem Haus, in dem Kunst ein wichtiger Teil des Wohnkonzepts ist.
Schwebende Stufen
Gestalterisch ebenso attraktiv wie bautechnisch anspruchsvoll sind Treppen, deren Stufen aus scheinbar in der Luft schwebenden Platten bestehen: „Solche Konstruktionen wirken besonders leicht, auch wenn wir mit großformatigen Platten arbeiten“, weiß Christoph Rabl aus Erfahrung. „Und obwohl von den Bauteilen auf das absolut Notwendige – die Auftrittsfläche – reduziert, strahlen solche Treppenkonstruktionen eine enorme Präsenz aus.“
Christop Rabl