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Ein Baum für`s Leben

Gute Gründe, einen Baum zu pflanzen, gibt es viele, und ein Hausbaum bietet noch ein bisschen mehr. Er wächst förmlich ans Herz, vermittelt Geborgenheit und begleitet Menschen zuweilen ihr Leben lang. Damit Gebäude und Gehölz ein harmonisches Gesamtbild ergeben und auch in Zukunft Freude machen, lohnt sich professionelle Unterstützung.

Die Schaukel im Apfelbaum des Elternhauses, die herbstliche Suche nach Rosskastanien vor der Schule – jeder dürfte eigene Erinnerungen an Bäume vor Gebäuden haben. Wenn ein Kind ein Haus malt, wird es meist auch einen Baum dazu malen. Haus und Baum – das gehört einfach zusammen, und ein Bauernhof ohne Baum würde verloren in der Landschaft stehen. Heute ist ein großer Hofbaum die Ausnahme und ein etwas kleinerer Hausbaum die Regel. Doch was ist das eigentlich – ein Hausbaum? Schließlich gibt es in vielen Gärten mehr als einen Baum. Schon das Wort selbst legt es nahe: Haus und Baum bilden eine gestalterische – im Idealfall harmonische – Einheit.

 

Ein Hausbaum wird also gemeinsam mit dem Haus wahrgenommen und sollte in seinen Proportionen und der Wuchsform zum Haus und zur Grundstücksgröße passen. Zeitgemäß ist ein zum Gebäude gehörender Baum wegen seiner ökologischen und auch anderer Pluspunkte: Er macht Freude und den Wechsel der Jahreszeiten erlebbar. Er holt Leben in den Garten, wenn die Vögel darin nisten und zwitschern und Insekten sich an seinen Blüten laben. Wächst er am Eingang, wirkt er wie ein grüner Willkommensgruß. Doch das ist noch nicht alles.

 

 

Fast wie ein Familienmitglied

Damit ein Baum ein wirklicher Hausbaum ist, gehört zum Miteinander von Gebäude und Gehölz die Bedeutung, die der Baum für seine Besitzer hat. Heute wie damals sind es oft besondere Ereignisse, die mit der Pflanzung gewürdigt werden. Dann versinnbildlicht der Hausbaum die eigene Lebens- und Familiengeschichte, erzählt Konrad Bitters, Gärtner von Eden aus Hamminkeln am Niederrhein: „Das kann die Hochzeit sein, die Geburt eines Kindes oder auch der Bau des Hauses. Ein neues Zuhause ist ja auch immer ein feierliches Ereignis im Leben.“ Die Liste ließe sich fortsetzen. Manchmal sorgt die Zeit dafür, dass Erinnerungen ebenso wachsen wie der Baum selbst. Ein ursprünglich als Schattenspender an der Terrasse gepflanzter Baum ist nach einigen Jahren mehr als nur ein Sonnenschirm. Er steht für viele mit Freunden und Familie im Schutz seiner Krone verbrachte Stunden. Der Wert eines Hausbaums steigt mit der Zeit sowohl in ideeller Hinsicht als auch durch sein Wachstum.

Mit jedem Jahr gewinnt er an Größe und Ausstrahlung und kann zum grünen Begleiter über Generationen werden, erzählt Ueli Leuthold, Gärtner von Eden aus Oberrieden im Kanton Zürich: „Anders als das Haus bietet der Baum den Vorteil, dass er sich entwickelt: Ein neues Gebäude altert ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung – beim zeitgleich gepflanzten Hausbaum ist es anders. Er entwickelt sich positiv weiter, bis sich seine Form und der Charakter voll ausgebildet haben. Natürlich altern irgendwann auch Bäume, aber in ganz anderen zeitlichen Dimensionen.“ Das gilt natürlich nur, wenn zum Standort und den Bedürfnissen der Bewohner passende Arten ausgesucht wurden. Diese zu berücksichtigen, gehört für Profis wie Leuthold und Bitters ohnehin zur Basis ihrer Arbeit.

Einen Baum wählen

Klassiker wie die Walnuss brauchen viel Platz. Dass es eines Tages 20 Meter in Höhe und Breite sein werden, lässt sich bei der Pflanzung nur erahnen. Für Fachleute entscheidet die voraussichtliche Größe, die ein Baum nach mehreren Jahrzehnten erreichen wird, über die Auswahl – und zwar unbedingt sowohl in der Höhe als auch in der Breite. Der sogenannte Habitus, also die Wuchsform, bedingt den Platzbedarf. Weil viele Grundstücke heute eher klein sind, ist die Nachfrage nach Bäumen mit kompakter Krone gestiegen.

Ein idealer Hausbaum sollte nicht nur in den Garten passen, sondern auch noch mehr bieten, rät Konrad Bitters: „Wenn ein Baum zum Start in die Saison blüht, im Herbst eine attraktive Laubfärbung zeigt und im Winter sogar Fruchtschmuck trägt, kann man sich kaum mehr wünschen. Außerdem ist es mittlerweile wichtig, dass er Trockenphasen gut übersteht.“ Aus diesen Gründen zählt der Zierapfel der Sorte ‘Red Sentinel’ zu seinen Favoriten. Auch der Hausbaum in seinem eigenen Garten punktet in mehrfacher Hinsicht: „Bei mir wächst eine Japanische Blütenkirsche – ‘Kanzan’ heißt die Sorte.“ Sie hat noch einen weiteren, unsichtbaren Vorteil, erzählt Bitters: „Ihre Wurzeln reichen etwas tiefer. Sie kann deshalb wunderbar mit Stauden wie zum Beispiel Storchschnabel unterpflanzt werden.“ Der rund sieben Meter hohe Baum wächst von Natur aus malerisch und färbt seine Blätter im Herbst rot bis orange.

Ein Hausbaum als Blickfang im Lauf der Jahreszeiten – dieser Gedanke gefällt auch Ueli Leuthold: „Ich mache gerne Mut zu etwas Besonderem. Davidia involucrata habe ich zum Beispiel schon als Hausbaum gepflanzt.“ Diese Art wird auch Taschentuchbaum genannt, weil die Hochblätter seiner Blüten tatsächlich aussehen wie weiße Taschentücher. Im Herbst leuchtet sein Laub in Gelb- und Orangetönen. Ebenfalls fest verwurzelt in Leutholds Hausbaumliste ist die Kaki (Diospyros kaki). Sie spendiert im Spätherbst Früchte, die wie orangefarbene Christbaumkugeln in der Krone hängen und essbar sind. Diese beiden noch relativ selten gepflanzten Bäume gedeihen in milden Regionen – im Weinbauklima.

Auc Wildes hat Zukunft

Wer völlig frostharte und zugleich trockenheitsver-trägliche Arten sucht, könnte auf eine Art setzen, die Leuthold ebenfalls empfiehlt: „Ich habe kürzlich eine Elsbeere als Hausbaum gepflanzt. Obwohl das sogar eine heimische Wildart ist, passt auch sie zu meinem Tipp, sich etwas Besonderes als Hausbaum zu gönnen. Sie wird in der freien Landschaft immer seltener und in Gärten wird sie kaum gepflanzt.“ Das erstaunt den Profi, denn Sorbus torminalis, wie sie botanisch heißt, bietet Blüten im Frühjahr, eine schöne Herbstfärbung und kleine Früchte, die man essen, aber auch den Vögeln überlassen kann. Sie gilt als robust und unkompliziert und hat eine weitverzweigte Verwandtschaft, die sich ebenfalls als Hausbäume eignet: Auch Konrad Bitters verwendet gerne Vertreter dieser Gattung, neben der Elsbeere unter anderem die bekannte Eberesche (Sorbus aucuparia) und die Mehlbeere (Sorbus aria). Ebenfalls gute Erfahrungen hat Bitters mit einem kompakten Vertreter der Gattung Ahorn gemacht: „Ich pflanze gerne den Feldahorn als Hausbaum. Er kommt mit vorübergehender Trockenheit gut zurecht.“ Heimische Wildarten schaffen eine zusätzliche Verbindung zur Natur und sie stören auch nicht. Denn ein Hausbaum sollte nach Möglichkeit innerhalb der eigenen Grundstücksgrenzen Freude machen: Der zwar hitzetolerante, aber ausbreitungsfreudige Götterbaum könnte beispielsweise bald beim Nachbarn wachsen. Einmal gepflanzt, bildet er derart viele Ausläufer und Sämlinge, dass man ihn kaum wieder loswird. Auch aus diesem Grund empfiehlt es sich, von Spontankäufen abzusehen und die Pflanzung eines Hausbaums mit Profis zu planen und umzusetzen. Dann kann er zum grünen Begleiter für Generationen werden.