Haus im Blick
Eine gute Gartengestaltung nimmt immer auch Bezug zum Haus. Warum das wichtig ist und wie man es schafft, dass Garten und Architektur zu einer harmonischen Einheit verschmelzen, erklären zwei Gestaltungsprofis.
Wenn Gartengestalter den Auftrag bekommen, einen Garten neu- oder umzugestalten, ist das Haus, zu dem dieser Garten gehört, in aller Regel bereits vorhanden, und selbst bei Neubauprojekten existiert es zumindest schon auf dem Papier. Für den Gartenprofi heißt das, dass er gleich zwei Bereiche in den Blick nehmen muss: Zum einen gibt es natürlich die Wünsche und Bedürfnisse der Gartenbesitzer, mit denen diese auf ihn zukommen und die er in persönlichen Gesprächen, anhand von Bildern und mehr ergründet. Zum anderen ist da das Haus selbst, ein Faktor, den die Gartenbesitzer oft gar nicht auf dem Zettel haben, wenn es um Gestaltungsideen und -vorgaben für ihren Garten geht.
Doch die Rolle der Architektur für die Gartengestaltung ist eine ganz entscheidende – und das gleich in vielerlei Hinsicht: Materialien und damit Farben und Oberflächen, Linienführung, Proportionen, Sichtbeziehungen: Sie alle bestimmen das Haus, und selbst der Ort, an dem es auf dem Grundstück steht, hat einen Einfluss auf die spätere Gestaltung des Gartens, schließlich entstehen erst durch die Positionierung des Hauses auf dem Grundstück die zu gestaltenden Gartenflächen. Doch das Haus liefert mehr als nur Vorgaben für die Gartengestaltung. Es gibt auch Auskunft über seine Besitzer, ihren Lebensstil, ihre Lieblingsfarben, das, was ihnen gefällt und wichtig ist. Und damit ist das Innere des Hauses für die Gestaltung eines Außenbereichs ebenso wichtig wie sein Äußeres, und zu den Aufgaben des Gartengestalters gehört ein ganzheitlicher Blick auf das Heim seiner Auftraggeber, bevor es an die Entwicklung eines Gartenkonzepts geht.
Die Transparenz der modernen Architektur und die natürlichen Baumaterialien spiegelt der Garten mit seinem unkonventionellen Wechsel aus rechtwinkligen Beeten und Rasen perfekt wider.
Maximilian Holzhausen
„Haus und Garten sollten eine harmonische Einheit bilden.“
Historisches Fachwerk verträgt sich bestens mit gekiesten Flächen, Natursteinmauern und freiwachsendem Grün.
Garten und Haus als Einheit
„Haus und Garten sollten eine harmonische Einheit bilden“, erklärt Maximilian Holzhausen, Inhaber von GrünForm Achtermann aus Springe. „Der Garten bildet eine Art Bühne, einen Rahmen, der das Haus einbettet und aufnimmt.“ Dabei muss der Garten keineswegs alle Vorgaben sklavisch aufnehmen, die das Haus macht. Gerade bei Bestandsimmobilien, die schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel haben, entspricht die Architektur des Eigenheims oft nicht unbedingt dem Geschmack seiner Besitzer, es ist aber mit gärtnerischen Mitteln durchaus möglich, einen Garten zu kreieren, der mit dem Haus harmoniert und gleichzeitig den ästhetischen Ansprüchen seiner Besitzer genügt. „Man muss zu einer eher einfachen Immobilie keinen 08/15-Garten bauen, damit der Garten zum Haus passt. Vielmehr geht es um Ansatzpunkte wie das Aufnehmen von Blickbeziehungen, Farben und Proportionen“, ergänzt Andreas Schweiger vom Betrieb Schweiger Gärtner von Eden aus Moosburg an der Isar.
Architektur kann Formen vorgeben
„Während grundsätzlich ein englischer Cottage-Garten mit einer organischen Linienführung ein kleines Backsteinhaus traumhaft in Szene setzt, gewinnt ein modernes Haus mit klar strukturierten, geradlinigen und symmetrisch angelegten Beeten deutlich an Ausstrahlung“, so Andreas Schweiger weiter. „Natürlich kann man auch bewusst mit Kontrasten arbeiten, wenn das von Kundenseite so gewünscht ist, meine Erfahrung sagt allerdings, dass Garten und Haus wie aus einem Guss wirken sollten“, empfiehlt Maximilian Holzhausen. „Es geht darum, die Stärken und Besonderheiten eines Grundstücks herauszuarbeiten und Störungen auszublenden, sodass man sich direkt wohlfühlt.“
Andreas Schweiger
Man muss zu einer eher einfachen Immobilie keinen 08/15-Garten bauen, damit der Garten zum Haus passt.
Mensch im Mittelpunkt
Gut zuhören und die richtigen Fragen stellen: Das ist der Beginn einer jeden professionellen Gartenplanung. Hinzu kommt bei einem Vor-Ort-Termin: gut hinschauen, das Grundstück in allen Dimensionen kennenlernen und mit ihm das Haus – von außen und innen. Beim Blick auf die Fassade identifiziert Andreas Schweiger darüber hinaus zum Beispiel Linien, die es sich lohnt aufzunehmen und im Garten fortzuführen: ein Wasserbecken in der Breite der bodentiefen Wohnzimmerfenster, eine Terrasse mit der gleichen Seitenlänge wie der untere Teil der Fassade: Solche einfachen geometrischen Überlegungen leisten einen wichtigen Beitrag zu einem harmonischen Gesamtbild. Auch die Materialien und Farben der Fassade nehmen er und seine Kollegen in den Blick: „Hier lautet die Gleichung keinesfalls einfach Fassadenmaterial gleich Gartenmaterial – oft ergibt das genaue Gegenteil die stimmigste Lösung.“ Ähnlich ist es bei der Linienführung für den Garten: Präsentiert sich das Haus im schlichten Bauhausstil mit vielen Geraden und rechten Winkeln, ist es meist für den Garten eine gute Idee, auf kubische Formen, gerade Wege und geometrisch angeordnete Beete zu setzen. So manche Architektur ist allerdings weniger eindeutig als der Neubau-Kubus oder das reetgedeckte historische Bauernhaus. Damit vergrößert sich dann der Spielraum für die Gartengestaltung, und die Vorlieben und Wünsche der Gartenbesitzer können die alleinige Führung übernehmen. „Die sind natürlich immer ganz wesentlich bei der Entwicklung eines Gartenkonzepts“, erklärt Maximilian Holzhausen.
Grüne Moderne
Auch zu modernen Häusern können üppige Gärten sehr gut harmonieren. Dank großer Fensterflächen bringen sie dann eine ordentliche Portion Natur direkt ins Haus.
Verbindung von Innen und Außen
Bei der Entwicklung eines Gartenkonzepts geht es immer auch um den Blick von drinnen nach draußen, denn auch aus dem Haus heraus lässt sich ein Garten erleben. Die Fenster als Teil der Architektur sorgen für die permanente Verbindung von Außen-und Innenbereich, integrieren den Garten sogar als eine Art bewegtes Bild in die Inneneinrichtung. Deshalb ergründet Andreas Schweiger auch immer, wo im Haus sich seine Besitzer bevorzugt aufhalten, denn auch diese Information kann wertvolle Hinweise für die Gartengestaltung liefern. So lassen sich Ausblicke nach draußen gezielt mit Sichtachsen, Solitären, Objekten oder auch Licht in Szene setzen.
Mit dem Aufgreifen von Materialien oder Farben aus dem Innenraum lässt sich ebenfalls einiges dafür tun, Haus und Garten zu einer harmonischen Einheit zu verweben, etwa, wenn die Terrasse vor den bodentiefen Fenstern dank eines einheitlichen Bodenbelags scheinbar nahtlos an den Wohnbereich anschließt oder die Farbe des Wasserauslaufs im Pool perfekt mit der auf dem Kunstwerk im Wohnzimmer harmoniert. Ein professioneller Planer erfasst also die Einflüsse und Merkmale eines Ortes und setzt sie in Beziehung zum Leben der Hausbewohner. „Idealerweise entsteht dabei eine harmonische Einheit mit fließenden Übergängen von drinnen nach draußen und einem stimmigen Gesamtbild von außen“, fasst Maximilian Holzhausen zusammen.